Martin Clodi von der Österreichischen Diabetes Gesellschaft spricht im RELATUS-Interview über nötige Verbesserungen beim Diabetes-Management.
Warum braucht es die Arbeit der Österreichischen Diabetes Gesellschaft? Die Menschen bewegen sich weniger, Übergewicht nimmt zu und damit steigen auch die Diabeteszahlen. Das wird leider nicht ernst genug genommen. Wir sind ein wissenschaftlich ausgerichteter Verein, mit dem Ziel, unser Wissen ans Kolleg:innen weiterzugeben. In den vergangenen Jahren haben wir zunehmend versucht, Diabetes mehr in den Mittelpunkt zu setzen. Dazu braucht es eine Zusammenarbeit mit den unterschiedlichsten Stakeholdern. Ein Positivbeispiel ist die Einführung des verpflichtenden Diabetes-Tests bei den Mutter-Kind-Pass-Untersuchungen. Nächstes Jahr wird dann in Wien das erste Diabetes-Zentrum öffnen, eine Verbindungsstelle zwischen niedergelassenem Bereich und Spitalsambulanzen. Das Zentrum wir an die Klinik Landstraße gekoppelt sein.
Wie können Ärzt:innen ihren Patient:innen helfen, Diabetes ernst zu nehmen? Das Problem ist, dass oft von einem „leichten“ und einem „schweren Diabetes“ gesprochen wird. Das gibt es nicht, aber auch „Prädiabetes“ ist kein glücklicher Ausdruck. Diese Begriffe sind nicht gut gewählt, sie vermitteln falsche Sicherheit, denn jeder Diabetes richtet Schäden im Körper an. Wichtig ist die Früherkennung und dann die passende und rechtzeitige Behandlung, um Komplikationen zu vermeiden. Die Ermittlung des LDL-Cholesterin-Werts spielt ebenso eine große Rolle, genauso wie Messungen des Blutdrucks. Diabetes-Management kann aber nicht nur von Ärzt:innen übernommen werden, da braucht es eine spezielle Diabetes-Beratung, eine Diätberatung und bestenfalls auch Bewegungscoaches und in vielen Fällen auch psychologische Betreuung. Das funktioniert anscheinend in manchen Primärversorgungseinheiten schon sehr gut.
Was sollte sich Ihrer Meinung jetzt schnellstmöglich beim Diabetesmanagement in Österreich ändern? Diabetes ist eine chronische Erkrankung und sollte in der ELGA aufscheinen, ganz nach dem US-amerikanischem Prinzip „Know your numbers“ – kenne deine Werte. Hier sollte man die digitalen Möglichkeiten ausnutzen und ausbauen. Nur so kann man rechtzeitig aufmerksam machen und handeln. (Das Interview führte Katrin Grabner)