300 Kassenstellen waren laut Ärztekammer zu Jahresbeginn unbesetzt. Dennoch verspricht Bundeskanzler Karl Nehammer nun weitere 100 Stellen. Dafür soll es zusätzliche Mittel geben.
Während Bundesländer, Gesundheitsministerium und Sozialversicherung noch über den Finanzausgleich verhandeln, ist Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) nun vorgeprescht und machte am Donnerstag vor Journalist:innen die Zusage, dass heuer noch 100 zusätzliche Kassenarztstellen geschaffen werden. Woher die Ärzt:innen dafür kommen sollen, blieb offen. Dabei tun sich die Kassen schon jetzt schwer, Stellen zu besetzen. Zu Jahresbeginn waren 300 Kassenstellen laut Ärztekammer unbesetzt. Nehammer geht noch weiter: in den kommenden Jahren soll es insgesamt 500 zusätzliche Kassenstellen geben, bis 2030 sollen es 800 sein. Nehammer versprach „Attraktivierungsschritte für den kassenärztlichen Bereich“.
Überraschend selbstkritisch gab sich der Bundeskanzler auch in Sachen Reformen, als er einräumte, dass in den vergangenen 15 Jahren viele wichtige Reformen im Gesundheitsbereich verschlafen worden seien. Nun gelte es, in „exzellenter Zusammenarbeit“ mit dem Gesundheitsminister, der hier die gleichen Ziele verfolge, und gemeinsam mit den Ländern „wichtige Stellschrauben neu zu stellen“. Es werde für all das mehr Geld geben, bestätigte er kürzlich von Finanzminister Magnus Brunner (ÖVP) getätigte Aussagen: „Auch das ist sichergestellt.“ Nehammer bestätigte zudem Meldungen der vergangenen Tage, dass es im Hintergrund viele Gespräche gibt und damit den Eindruck, dass ein Abschluss der Finanzausgleichsverhandlungen in greifbarer Nähe ist.
„Wir freuen uns über das Bekenntnis zur Tatsache, dass wir mehr Geld im Gesundheitssystem brauchen“, kommentierte am Freitag Harald Schlögel, geschäftsführender Vizepräsident der Österreichischen Ärztekammer, die jüngsten Äußerungen von Nehammer. Nur so ließen sich die Herausforderungen der Zukunft bewältigen. „Die Bevölkerung wird älter, der medizinische Fortschritt legt ein rasantes Tempo an den Tag und wir müssen den Fokus auf Prävention statt auf Reparaturmedizin verlagern – all das wird ohne zusätzliches Geld nicht gelingen. Einem Staat wie Österreich müssen seine Bürger das auch wert sein“, sagte Schlögel.
„Verbesserungen für die Patientinnen und Patienten müssen unser aller Ziel sein“, betonte Edgar Wutscher, Vizepräsident der Österreichischen Ärztekammer und Bundeskurienobmann der niedergelassenen Ärzte. Allerdings sollte es erst einmal darum gehen, die aktuell 300 offenen Kassenstellen zu besetzen, bevor neue geschaffen werden. „Den kassenärztlichen Bereich zu attraktivieren, wie wir es schon lange fordern, ist aber auf jeden Fall ein begrüßenswerter Schritt und genau der richtige Ansatz. Nur so können offene Stellen überhaupt besetzt werden“, sagt Wutscher. Er nehme zudem positiv zur Kenntnis, dass die Politik nun endlich zugegeben habe, in der Vergangenheit viele wichtige Reformen verschlafen zu haben. „Diese Erkenntnis bringt aber nur etwas, wenn jetzt auch Taten folgen“, kommentierte Wutscher, der betonte, dass auch die Ärzteschaft jederzeit für Gespräche bereitstehe. (rüm)