Die ÖGK will für den Ausbau der Kassenplätze mehr Geld vom Bund und empfiehlt, Startboni über die 100 zusätzlichen Kassenstellen hinaus zu verteilen.
Bereits mehr als 530 Ärzt:innen haben sich laut der Österreichischen Gesundheitskasse (ÖGK) für die 100 zusätzlichen vom Bund beschlossenen Kassenstellen beworben. Mit ein Grund dafür könnte der für diese Stellen versprochene Startbonus von 100.000 Euro sein. ÖGK-Obmann Matthias Krenn hat nun gegenüber der APA verlautbart, dass er hofft, dass der Bund den Umfang der Startboni auf einen größeren Kreis ausweitet. Denn Fakt ist: Neben der 100 zusätzlichen Kassenstellen gibt es immer noch rund 300 „reguläre“ unbesetzte Stellen. Bei der ÖGK ist man sich daher einig, dass es mehr finanzielle Unterstützung der Regierung braucht, um die kassenärztliche Versorgung auszubauen. Auch ÖGK-Vize Andreas Huss hat das zuletzt gefordert.
Der Vorschlag, die Startboni auf andere Kassenstellen auszuweiten, wird auch von der Ärztekammer unterstützt: „Die Forderung der ÖGK an den Bund ist zu begrüßen“, sagt Naghme Kamaleyan-Schmied, Vizepräsidentin und Kurienobfrau der niedergelassenen Ärzte in der Ärztekammer für Wien. „Wir haben jetzt die Chance, dem Ärzt:innenmangel im Kassensystem entgegenzuwirken. Daher müssen wir nun alles daransetzen, dem aktuell hohen Interesse an geförderten Kassenstellen gerecht zu werden und die Förderungen rasch auszuweiten. Der Startbonus über 100.000 Euro muss für alle offenen Kassenstellen gelten, was wir als Ärztekammer schon seit Längerem einfordern.“ Auch die ÄK Steiermark begrüßte am Dienstag die Pläne.
Bereits vergangene Woche, als erstmals bekannt wurde, dass es mehrere Hunderte Bewerber:innen für die zusätzlichen Kassenstellen gibt, verlautbarte die ÖGK, man sei mit der Regierung im Gespräch, um mögliche weitere Stellen zu finanzieren – RELATUS MED berichtete. Von Seiten der Bundesregierung hieß es dazu gegenüber der APA, dass Huss „das Geld und die rechtlichen Mittel“ bereits „in der Hand“ habe. Die Bundesregierung stelle ab heuer 300 Millionen Euro pro Jahr zur Verfügung, um Kassenstellen zu schaffen und Anreize zu schaffen und sie auch zu besetzen. Dass die Kasse dank des Finanzausgleichs nun ohnehin 300 Millionen Euro jährlich für den Ausbau der ambulanten Versorgung erhält, ist aus der Sicht von ÖGK-Obmann Krenn aber zu relativieren.
Der Abgang der Österreichischen Gesundheitskasse sei mit einem Bilanzverlust von zuletzt 386 Millionen Euro beträchtlich, und davon entfielen 330 Millionen Euro allein auf die automatische Erhöhung der jährlichen Zahlungen an die Krankenanstalten der Länder. Beim Finanzausgleich seien die Bundesmittel „falsch gewichtet“ worden, kritisierte Krenn: denn aus diesem Topf bekommen die Spitäler nun 600, die Kassen aber nur 300 Millionen Euro zusätzlich. Darüber hinaus seien die Kosten zuletzt gestiegen. Einerseits durch die Inflation, andererseits aufgrund von Nachbesserungen mit den Vertragspartnern. Auch der Gesamtvertrag und der einheitliche österreichweite Leistungskatalog mit den Ärzt:innen stehe noch an. Hier hätte sich der ÖGK-Obmann eine zeitliche Vorgabe vom Bund gewünscht. „Möglicherweise wird es dafür aber mehr Mittel brauchen“, plädierte Krenn auch hier für einen Finanzierungszuschuss von Bundesseite. Es gehe um bundesweit gleiche Leistungen für alle Versicherten, „da wird sich letztendlich der Bund mitbewegen müssen“.
Derzeit gebe es für diese Vertragsfragen Kontakte auf Büroebene, und in den kommenden zwei Monaten soll auch wieder mit der Bundeskurie der niedergelassenen Ärzt:innen der Ärztekammer gesprochen werden. Er hoffe auf das Zusammenspiel von Sozialversicherung, Ärztekammer und Bundesgesetzgeber, meinte Krenn: „Eskalation bringt da gar nichts.“ Die Ärztekammer drängt laut eigenen Angaben auf „eine rasche Verbesserung der Rahmenbedingungen, um die Ärztinnen und Ärzte langfristig im Kassensystem halten zu können und die Stellen etwa auch für interessierte Wahlärztinnen und Wahlärzte zu attraktivieren“. „Es braucht nun rasch faire und leistungsgerechte Honorare, die langfristige Sicherheit bieten und einen einheitlichen Leistungskatalog, der den Zeichen der Zeit entspricht und die bestmögliche medizinische Versorgung der Bevölkerung sichert. Wir stehen allen Beteiligten jederzeit für Gespräche und Verhandlungen zur Verfügung“, sagt Kamaleyan-Schmied. Zusätzlich zum Gesamtvertrag wird in der ÖGK derzeit außerdem am Ausbau der digitalen Services für die Patient:innen gearbeitet. Im Endausbau sei die Erfassung aller niedergelassenen Ärzt:innen samt Terminbuchungsmöglichkeit in einer App das Ziel – das sei aber derzeit noch Zukunftsmusik. (kagr/APA)