Anlässlich des 2. Österreichischen Tages der Ganzheitsmedizin warnen Komplementärmediziner vor einer Bedrohung der Zukunft komplementärmedizinischer Verfahren und deren Diskriminierung durch Player des Gesundheitssystems. Sie fordern eine stärkere Präsenz in der universitären Lehre und Forschung, damit Österreich nicht international den Anschluss verliert.
Komplementärmedizin auf hohem Qualitätsniveau sollte allen Bevölkerungskreisen zugänglich gemacht werden, was eine zunehmende Übernahme komplementärer Verfahren in den Honorarkatalog der Krankenkassen voraussetzt – auf einem Honorarniveau, das dem in der Komplementärmedizin üblichen hohen Zeit- und Zuwendungseinsatz entspricht, fordert Univ.-Prof. Dr. Michael Frass, Präsident des Österreichischen Dachverbandes für ärztliche Ganzheitsmedizin, anlässlich des 2. Österreichischen Tages der Ganzheitsmedizin. Im Sinne der bestmöglichen Behandlung von Patienten sei ein faires Miteinander zwischen Schul- und Komplementärmedizin im Sinne einer Ganzheitsmedizin anzustreben.
„Gegenwärtig ist die Komplementärmedizin in Österreich trotz ihrer hohen Akzeptanz in der Bevölkerung, der großen Zahl ärztlicher Anwender und ihrer nachweisbaren medizinischen Erfolge massiv unter Druck geraten. Ihre Zukunft ist bedroht“, sagt Frass. „Gegenüber der Öffentlichkeit wurde zuletzt intensiv durch abgestimmte Aktionen unterschiedlicher Player im Gesundheitssystem suggeriert, dass die Erfolge komplementärmedizinischer Interventionen ausschließlich Placebo-Effekte seien. Damit kann der falsche Eindruck einer Wirkungslosigkeit komplementärer Verfahren entstehen.“
Auch auf manchen Universitäten verstärke sich derzeit eine für die Komplementärmedizin problematische Stimmung. Ein Beispiel dafür ist, dass an der MedUni Wien seit Jahren bestehende Vorlesungen zu Disziplinen der Komplementärmedizin nicht mehr angeboten werden: „Das Fehlen qualifizierter Informationen für Studierende über Komplementärmedizin kann sich negativ auswirken“, warnt Prof. Frass. „Die Unkenntnis der Heil- und Gegenanzeigen komplementärer Behandlungen kann zum Beispiel zu unerwünschten Wechselwirkungen zwischen unterschiedlichen Therapien führen.“ Österreich drohe hier international den Anschluss zu verlieren, so Frass. In Deutschland zum Beispiel werde gegenwärtig in der Universität Tübingen ein Lehrstuhl für Komplementärmedizin eingerichtet. In der Schweiz ist Komplementärmedizin ein Teil der Pflichtausbildung im Medizinstudium, außerdem gibt es eine Reihe von komplementärmedizinischen Wahlpflichtfächern.
Anstelle einer „ungerechtfertigte Diskriminierung der Komplementärmedizin“ wünscht sich Prof. Frass im Sinne der bestmöglichen Behandlung von Patientinnen und Patienten „ein faires Miteinander zwischen Schul- und Komplementärmedizin im Sinne einer Ganzheitsmedizin“. Dies umso mehr, als derzeit bereits 15 unterschiedliche komplementärmedizinische Ärztekammer-Diplome angeboten werden, die insgesamt von vielen Tausenden Ärztinnen und Ärzten absolviert wurden. Prof. Frass: „Ein zentraler Punkt bei der Sicherung von Qualität und Kompetenz ist die Beschränkung der Anwendung ganzheitsmedizinischer Methoden auf Ärztinnen und Ärzte. Nur sie verfügen auch über eine profunde akademische und praktische Ausbildung auf der Basis der Schulmedizin und können sicherstellen, dass Krankheiten nicht übersehen oder nötige Therapien verschleppt werden.“ (red)