Sollen Konzerne Ordinationen kaufen dürfen?
Liberalisierung und Investoren bedrohen nach Ansicht der Wiener Ärztekammer Ordinationen. Sie müssten vor dem Einstieg internationaler Konzernisierung geschützt werden.
Anlässlich der Jahrestagung der Österreichischen Ophthalmologischen Gesellschaft (ÖOG) weist die Ärztekammer für Wien darauf hin, dass die Augenheilkunde zu jenen Fachgebieten der Medizin gehöre, die im internationalen Kontext stark gefährdet sei, von Konzernen überrollt zu werden. „Neben der Augenheilkunde zählen die Labormedizin, die Radiologie, die Zahnmedizin, der gesamte Pflegebereich oder auch Apotheken zu jenen Bereichen im Gesundheitswesen, die im Zuge der Globalisierung im vermehrten Fokus von ausschließlich gewinnorientierten Investoren stehen“, sagt Erik Randall Huber, Vizepräsident und Obmann der Kurie niedergelassene Ärzte der Ärztekammer für Wien.
Die Nachfrage nach ärztlicher und pflegerischer Versorgung und Betreuung sei in den vergangenen Jahren auf Grund einer immer älter werdenden Bevölkerung stetig gestiegen und werde in Zukunft noch mehr zunehmen. Dadurch sei der Gesundheitsbereich zu einem immer interessanteren und lukrativen Markt für Investorengruppen geworden, die versuchen, maximale Gewinne aus dem Gesundheitssystem zu ziehen. Thomas Holzgruber, Generalsekretär der Ärztekammer für Wien: „Diese Entwicklung ist für die Ärzteschaft und noch viel mehr für die Patientinnen und Patienten fatal. Es darf nicht dazu kommen, wie es sich leider in einigen Ländern schon ankündigt, dass medizinische Handlungen in Abhängigkeit von Gewinnerwartungen durch Investmentgruppen geraten.“
Seitens der Vertreterinnen und Vertreter der Ophthalmologischen Gesellschaft wurde darauf hingewiesen, dass der Innovationsschub in der Augenheilkunde durch künftige Entwicklungen massiv sein werde. Künstliche Intelligenz und neue Verfahren werden die Diagnostik verbessern, aber auch dazu führen, dass Ausstattungen von Augenarztordinationen sich massiv verändern. „Für Ordinationsgründerinnen und -gründer bedeutet das, dass sie wesentlich höhere Investitionen stemmen müssen, und diese als Einfallstor für Investoren gesehen werden“, sagt Katharina Krepler, Präsidentin der ÖOG.
Um nachhaltig ärztliche Ordinationen in der Hand der Ärzteschaft zu behalten, müssten Ärztinnen und Ärzte in die Lage versetzt werden, auch künftig die steigenden Investitionskosten für Ordinationen zu bewältigen. „Es muss auch gesetzlich geregelt werden, dass Ordinationen an Konzerne, Kapitalgesellschaften oder Investorengruppen nicht verkauft werden dürfen“, betont Holzgruber. Leider sei diesbezüglich die Rechtslage in Österreich seit Jahren problematisch, da etwa Ambulatorien, die von in- oder ausländischen Investoren geführt werden können, trotz Bemühungen der Ärztekammer noch immer nicht weit genug zurückgedrängt wurden. (rüm)