Die Volksanwaltschaft fordert mehr Long-Covid-Ambulanzen. Das angekündigte Referenzzentrum dürfe nicht dazu führen, dass Anlaufstellen abgebaut werden.
„Wenn junge, aktive Menschen auf einmal das Haus nicht mehr verlassen können, in verdunkelten Zimmern liegen müssen, wenn ihnen sogar das Sprechen zu anstrengend ist, dann ist das ein gravierender Einschnitt und ein enormer Verlust an Lebensqualität“, sagt Volksanwalt Bernhard Achitz am Sonntag. In Österreich schätzt man, dass etwa 26.000 bis 80.000 Menschen an ME/CFS leiden, viele in Folge einer Covid-19-Infektion. Obwohl die Zahl der Erkrankten wohl weiter steigen wird, seien viele Long-Covid-Ambulanzen, in denen spezialisiertes medizinisches Personal für derartige Fälle zur Verfügung stand, nach und nach geschlossen worden kritisiert Achitz. Eigene medizinische Anlaufstellen für ME/CFS gibt es nicht: „Die Long-Covid-Ambulanzen müssen ausgebaut werden. In ganz Österreich gilt es, eine Versorgungsstruktur für Long Covid und ME/CFS zu schaffen.“
Bei der Volksanwaltschaft hätten sich zahlreiche Menschen gemeldet, die an einer postviralen Erkrankung leiden und keine entsprechende medizinische Versorgung zur Bekämpfung und Linderung ihrer Krankheit erhalten. Die betroffenen berichten von fehlendem Fachwissen bei den niedergelassenen Ärzt:innen, schildert Achitz: „Die Patient:innen brauchen ein spezialisiertes Angebot, das auch auf ihre eingeschränkte Mobilität Rücksicht nimmt, etwa durch Hausbesuche oder Telemedizin.“ Bei der Volksanwaltschaft hätten sich Erkrankte auch beschwert, dass sie von öffentlichen Stellen zu Begutachtungsuntersuchungen vorgeladen wurden. Die weite Anfahrt hätte aber zu Verschlechterungen geführt.
Die Volksanwaltschaft hat deshalb ein amtswegiges Prüfungsverfahren eingeleitet und bei den Ländern, der ÖGK und beim Gesundheitsministerium nachgefragt. Die bislang vorliegenden Antworten zeigen große regionale Unterschiede. „Leider geht aus einigen Antworten hervor, dass kein Ausbau von Long-Covid-Ambulanzen geplant ist.“ Gesundheitsminister Johannes Rauch (Grüne) hat ein nationales Referenzzentrum für postvirale Erkrankungen als zentrale Plattform für die Wissensvermittlung und als Schnittstelle für den Austausch zwischen Forschung und Praxis angekündigt. „Das ist langfristig sicher sinnvoll in Hinblick auf die Erforschung und Entwicklung funktionierender Therapien, aber kurzfristig brauchen die betroffenen Menschen ein enges Netz an kompetenten, spezialisierten Ambulanzen“, erklärt Volksanwalt Achitz.
Als „vollkommen unverständlich“ bezeichnet auch der freiheitliche Gesundheitssprecher und Vorsitzende des parlamentarischen Gesundheitsausschusses Gerhard Kaniak den Umstand, dass sukzessive Ambulanzen geschlossen werden, insbesondere solche für ME/CFS und Long-Covid. Auch SPÖ-Volksanwaltschaftssprecher Rudolf Silvan fordert Verbesserungen unter anderem durch eine zielgerichtete Schulung von Ärzt:innen und Optimierung der Forschungs- und Datenlage. (red)