Die Bundesländer fordern mehr Jungärzte. Doch statt vom Bund Taten zu fordern, sollten sie selbst beginnen die Rahmenbedingungen verbessern.
Österreich hat genügend Ärzte und wir haben auch ausreichend Ärztenachwuchs, wenn man den Vergleich mit Deutschland oder der Schweiz zieht. Das hat diese Woche auch die OECD wieder einmal bestätigt. Selbst wenn man, wie die Ärztekammer es fordert, die Zahlen um Ungenauigkeiten korrigiert, liegt Österreich gut. Dennoch fordern die Bundesländer angesichts des drohenden Ärztemangels, die Zahl der Studienplätze massiv zu erhöhen. Bringen wird das allerdings nichts.
Alle Experten sind sich einig, dass die Rahmenbedingungen verbessert werden müssen. Die Details dazu haben die Österreichische Gesellschaft für Allgemeinmedizin (ÖGAM) und ihre „Jugendorganisation“ JAMÖ längst auf den Tisch gelegt. Geredet wird darüber wenig. Der Grund wird darin liegen, dass der „Masterplan Allgemeinmedizin“ komplexer und umfangreicher ist, als es PR-Strategen in zwei bis drei Sätzen auf den Punkt bringen können. Das zeigt aber auch, dass das Problem eben komplex ist. Und es beginnt damit, dass die Länder für Studierende auch attraktive Ausbildungsplätze zur Verfügung stellen müssen und die Infrastruktur verbessern müssen. Das scheint derzeit allerdings nicht der Fall zu sein. Ärztekammervizepräsident Harald Mayer zog anlässlich einer Ausbildungsstudie dieser Tage den Schluss, dass man es derzeit gerade schaffe, das Ausbildungsniveau stabil zu halten. „Wir müssen uns mehr um die jungen Kollegen kümmern.“ Das brauche mehr personelle und zeitliche Ressourcen. „Wir bauchen Zeit, Zeit, Zeit“, formulierte Mayer den Wunsch an die Spitalsträger. Die Bewertungen von Studierenden seien dort gut, wo die leitenden Ärzte ein Interesse an der Ausbildung und Zeit dafür haben, und dort schlecht, wo die Arbeitsüberlastung groß und die Zeit dafür gering sei.
Doch statt in die Tiefe der Materie einzutauchen und wirkliche Taten zu setzen, scheint bei den Verantwortlichen in den Ländern nur der Gedanke zu sein, eine Ärzteschwemme erzeugen zu wollen. Weil die Universitäten Bundessache sind, kostet das die Länder vorerst nichts. Später werden sich die vielen Jungärzte um die wenigen Ausbildungsplätze streiten, so das Kalkül. „Wozu also die Rahmenbedingungen teuer verbessern, wenn die vielen Jungärzte dann eh nehmen, was da ist und für Billighonorare auch ins Krankenhaus nach Hintertupfing gehen, wenn dort noch ein freier Platz zu ergattern ist. Egal, wie dort die Arbeitsbedingungen sind“, scheint bei Einigen die Überlegung zu sein. Das erinnert fast an den Manchester-Kapitalismus des 18. Jahrhunderts, als man bestrebt war, möglichst viele, billige und willige Arbeitskräfte zur Verfügung zu haben. Was die Länder bei solchen Gedanken übersehen, ist dass andere Staaten schon jetzt attraktivere Arbeitsbedingungen bieten und junge Ärzte mobil sind. (rüm)