Man mag zur überraschend früh gescheiterten schwarz-blauen Regierung und den Umständen ihres Endes stehen wie man will, Faktum ist, dass gerade für das Gesundheitswesen die aktuelle Situation alles andere als optimal ist. Die Sozialversicherungsreform befindet sich noch nicht einmal in der Mitte der Umsetzung und hat nun ihren Motor verloren. Zwar sind die kommenden Schritte gesetzlich geregelt, doch der Konflikt zwischen den ehemaligen Regierungspartnern könnte nun auch in den Krankenversicherungen Sand ins Getriebe bringen. Das beginnt bereits bei der Besetzung der künftigen Generaldirektoren der Österreichischen Gesundheitskasse und des neuen Dachverbandes. Hatten ÖVP und FPÖ es in den Gremien so eingerichtet, dass sie gemeinsam eine bequeme Mehrheit haben, so wird die FPÖ als kleinste „Fraktion“ nun zum Zünglein an der Waage und könnte zusammen mit der SPÖ zu einem Patt führen. In diesem Fall entscheidet der neue Sozialminister, der eigentlich nur verwalten aber keine politischen Entscheidungen treffen soll. Doch genau das wird er müssen oder die Kassen wären bis zum Start der nächsten Regierung führungslos.
Ebenfalls müssen politische Entscheidungen getroffen werden, wenn die Verfassungsrichter die Reform oder – was eher zu erwarten ist – Teile davon aufheben. Auch das dürfte noch im Herbst zu erwarten sein. Dann müssen sich Mehrheiten im Parlament finden, die die Reform reparieren. Passiert das nicht, droht Stillstand im Gesundheitswesen. Denn die neue aus den Länderkassen fusionierte Gesundheitskasse muss ja neue Ärzteverträge, Honorare, Leistungskataloge und vieles mehr festsetzen, damit mit ihrem Start am 1.1.2020 alles rund läuft.
ÖVP und FPÖ hatten die Reform mit den Worten eingeleitet, dass die Krankenkassen reformunwillig seien und im System Stillstand herrsche. Ob dem wirklich so war, ist je nach politischer Wahrnehmung umstritten. Faktum ist, dass Schwarz und Blau nun tatsächlich einen Stillstand herbeigeführt haben. (Martin Rümmele)