Meinung: Videoüberwachung: Wie sicher ist sicher?

Kolumne “Klein Anzeiger” von Priv.-Doz. Univ.-Lektor Dr. Andreas Klein:

 

Manche Spitäler verzeichneten in der Vergangenheit zunehmend ausuferndes Verhalten von Patienten: Beschimpfen, Bespucken, sogar Würgen und Schlagen gegenüber ärztlichem oder pflegerischem Personal. Die Anzahl der Fälle variiert je Klinik, die Dunkelziffern dürften jedoch deutlich höher liegen. Aggression und Gewalt, auch verbal, gegen Gesundheitspersonal ist nicht tolerabel, behindert zentrale Aufgaben der Gesundheitsberufe, mindert Jobzufriedenheit, erhöht psychische Belastungen und führt schließlich in eine Lose-Lose-Situation. Umgekehrt ist es eine Binsenweisheit, dass Menschen unter Stress und eventuell mit mangelnden Kommunikations- und Konfliktlösungspotenzialen Aggression häufig als einzige Ventilfunktion sehen. Im Krankenhaus zu sein ist aber zumeist ein Ausnahmezustand und stressbehaftet.

Als Reaktion wurden etwa im Wiener Wilhelminenspital an zentralen Stellen der Notaufnahme Videokameras angebracht. In den Bundesländern gibt es seit Längerem Ähnliches, jedoch unterschiedlich ausgeprägt. Durch diese und weitere Maßnahmen (mehr Sicherheitspersonal, Schulungen, Fernseher) konnten Übergriffe teilweise halbiert werden. Kritische Stimmen jedoch bemängeln Symptombekämpfung, weil die Probleme in zu wenig Personal, überfüllten Ambulanzen und zu schwacher extramuraler Versorgung geortet werden. Zudem bestünden Datenschutzbedenken und Skepsis bezüglich Überwachung des Personals.

Ein Mehrkomponentenkonzept ist hier wohl zielführend. Entlastungen von Ambulanzen, etwa durch bessere Versorgung im niedergelassenen Bereich, ist wünschenswert. Videoüberwachung gibt es aber an zahlreichen neuralgischen Stellen im öffentlichen und privaten Bereich, auch Body-Cams bei Polizisten. Und sie wirken – deeskalierend! Eine Ausdehnung der Maßnahmen wird nicht ausgeschlossen. Wäre dies auch in kleinen Privatordinationen anzudenken? Was wir jedoch klären müssen ist, welche Optionen wirklich mehr Sicherheit bringen und wieviel Sicherheit mittels Kontrolle und Überwachung noch (ethisch) akzeptabel ist. Dazu braucht es Diskurse darüber, was wir eigentlich wollen. Zu dieser Frage sollten niedergelassene Ärzte auch Gehör finden