Welcher Spitalspatient liegt wo? Welche Patientin bekommt welche Medikation? Von den weltweiten IT-Störungen war am Wochenende auch das Gesundheitswesen in Österreich betroffen.
Ein fehlerhaftes Software-Update des Unternehmens CrowdStrike hat am Freitag Microsoft-Anwendungen zum Absturz gebracht und zu einem der bisher größten Ausfälle weltweiter IT-Systeme geführt. Von den weltweiten Computer-Störungen waren am Wochenende rund 8,5 Millionen Microsoft-Geräte betroffen, teilte der IT-Riese mit. Doch diese Geräte waren zentral: Die CrowdStrike-Software soll Schadsoftware durch Cyberattacken erkennen und ist deshalb gerade in heiklen Systemen installiert. Betroffen war deshalb unter anderem der internationale Luftverkehr, aber auch Banken und Medien berichteten von Störungen, Krankenhäuser sagten Operationen ab.
Die weltweiten IT-Probleme haben auch Auswirkungen auf das Gesundheitswesen in Österreich und dort vor allem auf Spitäler gehabt. Aus Vorarlberg meldete das Krankenhaus der Stadt Dornbirn Ausfälle in der IT. Konkret waren 95 Prozent der rund 700 PC in dem Vorarlberger Krankenhaus betroffen, hieß es in einer Aussendung. Geplante Operationen des Stadtspitals wurden verschoben, Not-Operationen konnten weiter durchgeführt werden. Auch Tirol war betroffen. Probleme gab es bei der dortigen Leitstelle, die die Einsätze der verschiedenen Blaulichtorganisationen koordiniert, sowie im Bezirkskrankenhaus Kufstein. Die Zusammenarbeit der Blaulichtpartner sei davon aber nicht betroffen, hieß es. Das Krankenhaus Kufstein arbeitete vorerst im Notbetrieb. Im Burgenland gab es in der Landessicherheitszentrale „kleinere Probleme“ vor allem im Krankentransportsystem.
Keine Probleme gab es bei den Krankenversicherungen: Man sei nicht in der MS Public Cloud, hieß aus dem Dachverband der Sozialversicherungen auf RELATUS-Anfrage. Nicht ausschließen wollte man aber, dass einige ELGA-Anwender betroffen waren. Ganz anders in England: Der globale Ausfall von IT-Systemen führte bei Tausenden britischen Hausarztpraxen und Apotheken zu Problemen. Die Mehrheit der Praxen in England sei von Schwierigkeiten betroffen, hieß es in einer Mitteilung des Nationalen Gesundheitsdiensts NHS. Der Apothekerverband National Pharmacy Association teilte mit, es gebe unter anderem Probleme mit dem Zugriff auf Rezepte von Hausärzt:innen und Medikamentenlieferungen. Für Dietmar Bayer, stellvertretender Obmann der Bundeskurie niedergelassene Ärzt:innen (BKNÄ) und Präsident der ÖGTelemed, zeigen die IT-Ausfälle „wie wichtig es ist, dass wir das GIN Zugangsnetz haben, auf dem die e-Card-Services laufen.“ Dieses läuft getrennt vom Internet und erfüllt die Vorgaben des Gesundheitstelematikgesetzes und der DSGVO. Zudem würden Updates nur nach ausführlicher Prüfung eingespielt, „Ausfälle im e-Card-System waren gestern keine gemeldet worden“.
Harald Schlögel, geschäftsführender Vizepräsident der Österreichischen Ärztekammer, appellierte, aus den IT-Ausfällen, die richtigen Lehren zu ziehen: „Diese großflächigen Ausfälle haben uns vor Augen geführt, wie vulnerabel unsere Systeme sein können und wie abhängig wir von digitalen Lösungen sind.“ Schlögel appellierte daher an die aktuelle und auch an die kommende Bundesregierung, bei Datenschutz und Datensicherheit bei Gesundheitsdaten die höchsten Maßstäbe anzulegen. Außerdem sei es bei der Implementierung neuer digitaler Lösungen nicht nur wichtig, Ärzt:innen als Leistungserbringer, die täglich mit diesen Werkzeugen arbeiten, einzubinden. „Es müssen von Beginn an maximale Anforderungen an Qualität und Sicherheit gestellt werden.“
Bayer verwies auf das IT-Sicherheitskonzept, ein Service-Tool der BKNÄ, das niedergelassenen Ärzt:innen mittels Selbstevaluierung hilft, zu erfassen, ob die Ordinationen die Sicherheitsstandards erfüllen – und wo Verbesserungsbedarf besteht. „Mit diesem kostenlosen Tool können niedergelassene Ärztinnen und Ärzte ihrer gesetzlichen Verpflichtung, ihre Datensicherheitsmaßnahmen zu protokollieren, so komfortabel wie möglich nachkommen“, sagte Bayer. (rüm/APA)