Neue Ansätze für Prävention in Sicht?

© Tanzer

Die Regierungsverhandlungen könnten neue Ansätze zur Vermeidung von Erkrankungen und zur Früherkennung bringen.

Die Zahl der Neuerkrankungen bei Darmkrebs in Europa ist vom Jahr 2000 bis 2019 um 33 Prozent gestiegen. Zudem starben rund 19 Prozent mehr Menschen an der Krankheit als zu Beginn dieses Zeitraums. Rund um den Europäischen Gastroenterologie-Kongress in Wien wurde nun daher die Einführung eines einheitlichen, qualitätsgesicherten Darmkrebs-Screenings ab 45 Jahren in Österreich gefordert. Die Frage ist, wie man die Menschen dazu motivieren kann.

Fast fünf Prozent aller Gesundheitsausgaben in Österreich fließen wiederum in die Behandlung von Adipositas und den Folgeerkrankungen. Fettleibigkeit fordert ca. 4.000 Menschenleben jährlich, das sind acht Prozent der Todesfälle hierzulande, zeigt eine nun präsentierte Analyse des Instituts für Höhere Studien (IHS). Fettleibigkeit erhöht unter anderem das Risiko für Typ-2-Diabetes, Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Krebs, Arthrose und kann zu Unfruchtbarkeit führen. Die Adipositas Allianz (ÖAA) aus mehreren Fachärztegesellschaften fordert von der Politik mehr Anstrengungen gegen die Krankheit, die nicht selbst verschuldet sei. Es könne beispielsweise über ein Werbeverbot für Süßigkeiten in Kinderkanälen nachgedacht oder über eine Zuckersteuer diskutiert werden.

Anlässlich des World Health Summit in Berlin hat wiederum der WHO Youth Council am Dienstag seine Vision für gesündere Gesellschaften präsentiert. Der Jugendrat der Weltgesundheitsorganisation fordert die Politik auf, die Potenziale junger Menschen viel mehr zu nutzen. Die deutsche Bertelsmann Stiftung sowie bedeutende Jugendorganisationen unterstützen die Initiative. Konkret ruft der WHO Youth Council beispielsweise dazu auf, mehr Chancengerechtigkeit und Inklusion im Bildungswesen sowie bei der Anwendung neuer Technologien zu schaffen. Weiterhin sollte die Gesundheitsversorgung stärker auf Prävention ausgerichtet werden und Menschen aus benachteiligten Gruppen ein gleichberechtigter Zugang zu Gesundheitsleistungen gewährleistet werden.

Doch wie kann das alles gelingen und Prävention gestärkt werden? Die Zukunft im Gesundheitswesen könnte in Anreizen für Prävention liegen. Zumindest die Sozialversicherung der Selbstständigen verfolgt solche Modelle bereits und in der ÖVP gibt es starke Befürworter für „zartes Nudging“. Zuletzt forderte Oö-Gesundheitslandesrätin Christine Haberlander (ÖVP) im RELATUS-Podcast „Gesundheit argumentiert“ Belohnungsmodelle im Gesundheitswesen. Die SVS versucht das mit kleinen finanziellen Anreizen und verbessert so offenbar die Teilnahme an der Gesundheitsvorsorge. So brachte bei den SVS-Versicherten ein 100-Euro-Bonus im Vorjahr um 41 Prozent mehr Teilnahme bei Vorsorgeuntersuchungen. Zunächst konnten Versicherte nach Absolvierung einer Vorsorgeuntersuchung, nach einer Vereinbarung von fünf Gesundheitszielen mit dem behandelnden Arzt und deren Erreichen nach sechs Monaten ihren Selbstbehalt von 20 auf zehn Prozent reduzieren. Bei Anwerben eines weiteren SVS-Versicherten konnte das auf fünf Prozent verringert werden. Schon 2022 gab es 100 Euro Gutschrift für die Teilnahme an dem Programm „Geimpft gesünder“. „Wir glauben, dass dieses Nudging eine effektive Möglichkeit darstellt, die Inanspruchnahme solcher Maßnahmen zu erhöhen. Wir glauben, dass wir es damit richtig gemacht haben. Nudging wirkt übrigens unabhängig von Bildung, Alter und Geschlecht“, sagt SVS-Generaldirektor Alexander Biach (ÖVP). Durchaus denkbar, dass solche Ansätze also im nächsten Regierungsprogramm stehen. (rüm)