Zwischen den Standesvertretungen von Ärzte- und Apothekerschaft bahnt sich ein neuer Konflikt an. Hintergrund ist nicht weniger als die Kompetenz in Gesundheitsfragen.
Mit Verärgerung reagiert Österreichs Ärztekammerpräsident Johannes Steinhart auf ein Zeitungsinserat der Apothekerschaft, in dem Apotheken als erste Anlaufstellen bei Harnwegserkrankungen dargestellt werden: „Das ist grob fahrlässig, kompetenzüberschreitend und kann Patientinnen und Patienten im Ernstfall gefährden. Jede Erkrankung gehört als allererstes bei einer Ärztin oder einem Arzt abgeklärt. Die dann gegebenenfalls verschriebenen Medikamente können in einer Apotheke abgeholt werden. Dafür sind Apotheken da, nicht mehr und nicht weniger.“
Auch Erik Randall Huber, Vizepräsident der Ärztekammer für Wien und Obmann der Kurie niedergelassene Ärzte, reagiert sauer: „Apothekerinnen und Apotheker können keine Diagnose stellen, das ist nicht Teil ihrer Ausbildung. Woher wollen sie wissen, ob es sich um einen Harnwegsinfekt handelt, ohne den Patienten je untersucht zu haben? Welche Differenzialdiagnosen sind den Apothekern bekannt?“ Unter Umständen könne sogar die Diagnose von einem Blasenstein oder einem Blasentumor übersehen werden. Blasentumore werden vor allem bei älteren Patientinnen oftmals übersehen und ohne ärztliche Abklärung „auf Verdacht“ als Harnwegsinfekt behandelt, warnt er. „Solche Fehldiagnosen führen vor allem bei Frauen, wenn sie nicht zum Arzt gehen, zu einer verzögerten Diagnostik und diese letztendlich zu einer schlechteren Prognose und höheren Mortalität“, betont Mehmet Özsoy, Facharzt für Urologie und Präsident des Berufsverbandes der Österreichischen Urologen.
Für weitere auch fachliche Diskussionen dürfte noch die Kritik der Ärzte an den „von der Apothekerschaft propagierten Behandlung von Harnwegsinfekten ausschließlich mit pflanzlichen Präparaten“, die die Ärzte als „eine gefährliche Irreführung von Patientinnen und Patienten“ kritisieren, „da sie im guten Glauben gelassen werden, ein Harnwegsinfekt sei eine harmlose Sache, die einfach so im Vorübergehen behandelt werden kann“, warnt Özsoy. In den meisten Fällen sei vielmehr eine antibiotische Therapie notwendig, betont er. Sofern Patient:innen keine Antibiotika einnehmen möchten, müsse diese Entscheidung unbedingt gemeinsam mit einer Ärztin oder einem Arzt besprochen werden. „Patientinnen und Patienten vorzugaukeln, dass sie mit selbstgemixten pflanzlichen Präparaten gefährliche Erkrankungen ohne ärztliche Untersuchung und Diagnose behandeln können, ist gemeingefährlich“, formuliert Vizepräsident Huber eine Position, die von der Apothekerschaft nicht unwidersprochen bleiben dürfte. (red)