Am Dienstag wurde der zweite Österreichische Krebsreport präsentiert. Er zeigt Möglichkeiten in Prävention, Forschung und bei der Behandlung auf.
Im Rahmen der Pressekonferenz, bei der der zweite Österreichische Krebsreport von Expert:innen der Fachgesellschaft OeGHO, der Österreichischen Krebshilfe und der Statistik Austria vorgestellt wurde, wurde mit Nachdruck auf die Wichtigkeit von Krebsvorsorge und Früherkennung hingewiesen. „Auch wenn das nicht neu ist, kann man die Wichtigkeit dessen nicht oft genug unterstreichen. Denn 50 Prozent aller Krebs-Todesfälle in Europa könnten vermieden werden, wenn zwölf Empfehlungen des Europäischen Kodex gegen Krebs eingehalten werden würden“, sagt Paul Sevelda, Präsident der Österreichischen Krebshilfe.
Besonders wesentlich seien, regelmäßige Bewegung und gesunde Ernährung zur Vermeidung von starkem Übergewicht, Impfungen gegen HPV und Hepatitis B, Vermeidung von Nikotin- und (übermäßigem) Alkoholkonsum sowie Teilnahme an den empfohlenen Früherkennungs-Untersuchungen – insbesondere gegen Brustkrebs, Dickdarmkrebs und Gebärmutterhalskrebs. „Das Nationale Screening Komitee rät auf Basis der Evidenz zu Untersuchungen ab 45, und nicht wie bisher ab 50 – entweder mit Koloskopie oder mit dem Immunologischem Blutstuhltest (FIT)“, erklärt Sevelda neue Empfehlungen. „Ebenso wichtig ist aber auch die HPV-Impfung, die ab Februar 2023 allen Kindern und Jugendlichen vom vollendeten 9. Lebensjahr bis zum vollendeten 21. Lebensjahr kostenlos zur Verfügung steht und auch den Grundwehrdienern angeboten wird.“
Wichtig sei hier auch die Kommunikation zwischen Patient:innen und Ärzt:innen, vor allem, weil nachweislich ein Drittel der Österreicher:innen auf Basis der ärztlichen Informationen keine Entscheidung zu ihrer Erkrankung treffen kann. Der Krebsreport enthält aber auch eine Vielzahl an guten Nachrichten. Eine davon: Innovationen aus der Krebsforschung kommen laut Österreichischem Krebsreport wirklich bei den Patient:innen an. „Patient:innen mit einem gastrointestinalen Stromatumor hatten vor 20 Jahren eine Lebenserwartung von unter 12 Monaten, heute haben sie mit einer täglichen Tabletteneinnahme eine fast normale Lebenserwartung. Bei einem metastasierten Lungenkarzinom war nach zwei Linien Chemotherapie die Lebensperspektive mit 12 Monaten erreicht, heute können in 30 Prozent der Fälle Treibermutationen festgestellt und gezielt therapiert werden, was die Lebenserwartung statt in Monaten in Jahren bemessen lässt“, nennt Wolfgang Hilbe, Präsident der Österreichischen Gesellschaft für Hämatologie & Medizinische Onkologie (OeGHO) zwei Beispiele. Eine gute Prognose hinsichtlich Überlebenswahrscheinlichkeit wird dank fortlaufenden Forschungen auch bei Brust-, Prostata-, Schilddrüsen- und Hodenkrebs erreicht. Da liegt das kumulierte relative Überleben drei Jahre nach Diagnosestellung bei 90,6 Prozent bis 96,6 Prozent. Eine signifikante Verbesserung der Überlebenswahrscheinlichkeit wurde in den vergangenen Jahren bei Tumoren der Niere, von Kopf und Hals sowie des Magens erreicht. Die Werte kommen hier inzwischen auf 81,5 Prozent (Niere), 60,4 Prozent (Kopf und Hals) und 41,6 Prozent (Magen). Bei Lungen-, Speiseröhren-, Leber- oder Bauchspeicheldrüsenkrebs sind die Prognosen nach wie vor eher schlecht. Bei diesen Indikationen beträgt das kumulierte relative Überleben drei Jahre nach Diagnosestellung zwischen 30,2 Prozent und 15,6 Prozent.
Die Expert:innen betonten bei der Präsentation des Krebsreports außerdem die Wichtigkeit von Molekularpathologie und Nuklearmedizin für eine erfolgreiche Präzisionsmedizin. Dass in den vergangenen fünf Jahren 130 neue Krebsmedikamente von der EMA registriert wurden, sei „herausragend“, aber: „Für uns als Onkolog:innen ist aber bedeutsam, den Nutzen eines Medikamentes in den ersten zwei Jahren nach Zulassung für die einzelnen Patient:innen zu bewerten – was oft gar nicht so einfach ist. Deshalb ist das Bewertungssystem der Europäischen Gesellschaft für Medizinische Onkologie unverzichtbar geworden“, betont Ansgar Weltermann, Vorstandsmitglied der Österreichischen Krebshilfe. Um Forschung und Innovation auch in Österreich zu fördern, wünschen sich die Expert:innen eine „innovationsfreundliche Kultur“ sowie den passenden „finanziellen Rahmen“. Hier hätte Österreich Nachholbedarf. (kagr)