Die Apotheker:innen wollen im Zuge der Gesundheitsreform zur Patient:innensteuerung beitragen. Das sorgt für harsche Kritik der Ärztekammer.
Der Apothekerkongress in Schladming hat erneut für Streit zwischen Ärzteschaft und Apotheken gesorgt. Die Apotheken wollen bei der durch die Gesundheitsreform angestoßenen geplanten Neuordnung der Lenkung von Patient:innenströmen einen Beitrag leisten. In der mit der Gesundheitsreform ausgegebenen Devise „digital vor ambulant, vor stationär“ seien die nicht-medizinischen Gesundheitsberufe vergessen worden, sagte Ulrike Mursch-Edlmayr, Präsidentin der Österreichischen Apothekerkammer.
Apothekerinnen und Apotheker könnten an Ärzte, Spitäler oder neue telemedizinische Angebote weiterverweisen. Als erste Anlaufstelle für Patient:innen soll laut den Reformplänen künftig eine Gesundheits-App beziehungsweise die Hotline 1450 dienen. Im Gegensatz zu den Mitarbeiter:innen bei 1450 könnten akademisch ausgebildete Apotheker:innen eine betreute Selbstmedikation anbieten, die ELGA einsehen und mit der gesteckten e-Card alle Schritte dokumentieren. Das bringe eine Verbesserung für Patient:innen „ohne etwas neu zu erfinden. Das ist alles da“, erläuterte Mursch-Edlmayr am Rande der Apothekertagung in Schladming. Die Apothekerkammer sei in enger Kooperation mit der Gesundheit Österreich GmbH (GÖG) und der Österreichischen Gesundheitskasse (ÖGK), um sich bei der Patient:innenlenkung einzubringen.
Bei der Ausschreibung von 100 neuen Kassenstellen plädiert Mursch-Edlmayr für „99 plus eine telemedizinische“ und für Pilotprojekte zu dem Thema. In Frankreich gebe es beispielsweise in Apotheken Kabinen, wo Patient:innen virtuell einen Arzt/eine Ärztin kontaktieren können. Diese/r stelle dann gegebenenfalls ein e-Rezept aus und die Betroffenen können gleich ihr Medikament mitnehmen.
Die nicht-medizinischen Gesundheitsberufe seien in der aktuellen Konzeption von Patient:innenlenkung und Behandlungspfad keinesfalls „vergessen worden“, widerspricht Johannes Steinhart, Präsident der Österreichischen Ärztekammer, den Aussagen von Mursch-Edlmayr. „Die Diagnose und die Therapiefestlegung für Patientinnen und Patienten muss selbstverständlich in den Händen von denjenigen liegen, die dafür ausgebildet sind. Die Entscheidung, ob Patientinnen und Patienten zum Arzt oder ins Spital gehören oder eigenständig medikamentös behandelt werden können, liegt – auch wenn ich das Thema eventueller ökonomischer Eigeninteressen hier ausschließe – weit außerhalb der Kompetenz von Apothekerinnen und Apothekern“, unterstreicht Steinhart. Zudem sei es widersinnig, Patientinnen und Patienten unnötige Wege zuzumuten. „Erste Anlaufstelle ist selbstverständlich die Ärztin oder der Arzt – es ist unverständlich, warum Patientinnen und Patienten sich dorthin schicken lassen sollten, wo sie ohnehin hingehören“, wundert sich Steinhart. (rüm)