Mindestens 800.000 Menschen sind in Österreich Diabetiker. Während Hausärzte und Krankenhausabteilungen den größten Teil der medizinischen Versorgung stemmen, gibt es kaum niedergelassene Diabetologen mit Kassenvertrag. Das soll sich ändern.
„Man hat sich angesehen, wo es in Wien einen Brennpunkt für Diabetes gibt. Und dabei sind wir auf Favoriten mit einer hohen Amputationsrate als Diabetes-Komplikation gekommen“, sagte Bernhard Ludvik, Vorstand der 1. Medizinischen Abteilung mit Diabetologie, Endokrinologie und Nephrologie an der Klinik Landstraße. Zuckerkranke benötigen mit ihrem chronischen Leiden eine lebenslange medizinische Betreuung. In Österreich erfolgt das zunächst beim Hausarzt. Das Problem dabei: In der Kassen-Allgemeinmedizin fehlen oft Zeit und Ressourcen, betonte Ludvik.
Die OECD kam in ihrem Report für 2020 für Österreich auf eine Diabetes-Hospitalisierungshäufigkeit von 162 Fällen pro 100.000 Erwachsene (2019). Im Durchschnitt von 21 EU-Ländern betrug sie 131 je 100.000, in Italien war sie mit 43 je 100.000 Erwachsenen am geringsten, in der Slowakei mit 219 je 100.000 Einwohner am höchsten. Was laut dem Wiener Experten fehlt, ist eine medizinische Rundum-Versorgung von Diabetikern, wenn die Betreuung beim Hausarzt nicht ausreicht – aber eine Aufnahme in eine spezialisierte Klinik bzw. eine Spitalsambulanz nicht notwendig ist.
Hier setzt ein neues Projekt in Wien an. „Mitte September könnte eine auf Diabetes spezialisierte Einrichtung in Wien-Favoriten eröffnen. Das Personal haben wir schon. Es handelt sich um eine Art Expositur unserer Abteilung der Klinik Landstraße, die wir bespielen. Dort sollen vier ausgebildete Endokrinologen mit Diabeteserfahrung arbeiten, sechs Diabetes-Berater und drei Diätologen.“ Halbzeitstellen soll es für Psychologie und Sportwissenschaften geben. Es handelt sich um zusätzliches Personal, das in enger Koordination mit dem Krankenhaus arbeitet. „Das Ziel ist eine Netzwerkbildung mit den niedergelassenen Ärzten. Wir wollen die Patienten aus den Spitalsambulanzen dorthin bringen“, sagte Ludvik. Die Finanzierung sei für fünf Jahre unter Einbindung des Wiener Gesundheitsverbundes und der Krankenkassen gesichert. (APA)