Die moderne Krebs-Immuntherapie erzielt teilweise deutlich bessere Behandlungsergebnisse als je zuvor. Viele Fragen sind aber offen. Nun wurde an der MedUni Wien ein Christian Doppler-Labor für Personalisierte Immuntherapie eröffnet.
„Auf die Immuntherapie sprechen rund 20 Prozent der Behandelten an. Man weiß nur nicht, bei welchen der Patienten das der Fall sein wird. Wir wollen untersuchen, welche Patienten ansprechen, welche nicht – und warum das nicht der Fall ist“, sagte der Leiter des neuen CD-Labors, Matthias Preusser (Klinische Abteilung für Onkologie, Universitätsklinik für Innere Medizin I) am Donnerstag. An sich gebe es sehr viele bösartige Tumorarten, bei denen die Immuntherapie mit einer sogenannten Immun-Checkpoint-Blockade wirke. „Das können in manchen Settings auch Ansprechraten von 60 bis 70 Prozent sein“, erklärte Preusser. Die Hintergründe für die unterschiedliche Effektivität der Therapieansätze seien aber größtenteils ungeklärt.
Die Interaktionen zwischen Tumorgewebe und dem individuellen Immunsystem eines Patienten erfolgen nach einem komplexen, bisher nur unzureichend verstandenen Zusammenspiel. Das fundierte Verständnis dieses komplexen Orchesters aus aktivierenden und supprimierenden Signalen ist jedoch eine wesentliche Basis für den Einsatz und vor allem die klinische Weiterentwicklung von immunmodulierenden Therapiestrategien bei Patienten mit metastasierender Tumorerkrankung. „Unsere Erkenntnisse werden wesentlich zum Verständnis von immunologischen Faktoren der Krebsprogression beitragen und bilden somit die Basis, um in Zukunft klinische Studien individuell auf den jeweiligen immunologischen Status eines Patienten abgestimmt zu planen. Ganz im Sinne der Präzisionsmedizin“, erklärte Preusser.
„Die Zeit der ungerichteten Krebsbehandlung ist vorbei. Die immunmodulierenden Therapiestrategien setzen genau an diesem Punkt an“, ergänzte Johannes Pleiner-Duxneuner, Medical Director Roche Austria GmbH. Das Unternehmen ist Partner des neuen Zentrums. In der Zukunft der Medizin gehe es darum, für jede Person die passende Therapie zu finden. „Diese ‚personalisierte‘ Medizin ist Teil unserer Strategie bei Roche. Als breit aufgestelltes Gesundheitsunternehmen, sowohl im Pharmabereich als auch in der Diagnostik, werden wir gemeinsam mit dem CD-Labor Innovation an der Schnittstelle zwischen Forschung und Wirtschaft entstehen lassen.“ Michaela Fritz, Vizerektorin der MedUni Wien für Forschung und Innovation, betonte: „Das neue CD-Labor verstärkt dank der Unterstützung durch die Christian Doppler Gesellschaft den MedUni Wien-Schwerpunkt Präzisionsmedizin und unseren translationalen Forschungsansatz, denn alle Partner verfolgen das gemeinsame Ziel, aus Erkenntnissen der Grundlagenforschung innovative Therapien zu entwickeln.“
In einer retrospektiven Kohorte wollen die Forscher Charakteristika des Tumorgewebes mittels immunhistochemischer Methoden sowie mittels Sequenzierung und epigenetischer Analysen untersuchen und gleichzeitig bei einer Untergruppe von Patienten zwei oder mehrere Tumorproben von verschiedenen Lokalisationen bzw. zu verschiedenen Zeiten im Krankheitsverlauf analysieren. Das Ziel: „Die Variabilität von immunologischen Faktoren in Raum und Zeit besser zu verstehen.“ Mit Unterstützung von Machine-Learning-Methoden werden die radiologischen Bilder der Patienten analysiert und mit den Ergebnissen der Gewebsanalysen korreliert, um ein Vorhersagemodell für das künftige Ansprechen auf Therapien entwickeln. Durch die multidisziplinäre Zusammenarbeit mit Kooperationspartnern vom Klinischen Institut für Pathologie, von der Universitätsklinik für Radiologie und Nuklearmedizin, vom Klinisches Institut für Labormedizin und vom CeMM Forschungszentrum für Molekulare Medizin GmbH zielt das CD-Labor für „Personalisierte Immuntherapie“ darauf ab, 360-Grad-Biomarker für Krebsimmuntherapie zu entwickeln und so die zielgerichtete Therapie von Patienten mit fortgeschrittenen Tumorerkrankungen zu verbessern. (red)