Verhalten positiv sind die Reaktionen aus dem niedergelassenen Bereich zu den Plänen von ÖVP und Grünen. Sebastian Huter, Obmann der Jungen Allgemeinmedizin Österreich (JAMÖ), ortet wie Ärztekammervizepräsident Johannes Steinhart die Übernahmen wichtiger Ärzte-Forderungen.
Vieles ist recht knapp und in Schlagworten im Gesundheitskapitel des Regierungsprogrammes formuliert, sind sich Huter und Steinhart einig. Das lasse Raum für Interpretation und Fragen offen. Die beiden orten aber wichtige und sinnvolle Punkte. Dazu gehören für Huter die JAMÖ- und ÖGAM-Forderungen nach dem Facharzt für Allgemeinmedizin, den nach langen Debatten auch die Ärztekammer als Forderung übernommen hat. „Primärversorgung ist ein präsentes Thema im Gesundheitskapitel des Regierungsprogrammes. Der medial omnipräsente Mangel an HausärztInnen wird nicht explizit benannt, aber mehrfach werden Maßnahmen gegen einen Fachkräftemangel genannt“, schreibt Huter in einer Analyse: „Im Regierungsprogramm 2017-2022 war noch von einer Prüfung der Einführung eines Facharztes für Allgemeinmedizin gesprochen worden. Anscheinend ist eine Prüfung nun nicht mehr notwendig und der Facharzt für Allgemeinmedizin per se unstrittig. Die genaue Ausgestaltung wird aber noch zu ausreichend Diskussion führen.“
„Dass sich im Regierungsprogramm für den niedergelassenen Bereich schon einige Punkte finden, die langjährige Forderungen der Ärzteschaft sind, deutet auf eine sehr positive und lösungsorientierte Zusammenarbeit hin“, sagt Steinhart. Die im Regierungsprogramm zum Ärztemangel angeführten Maßnahmen wie Landarztstipendien und die Einführung des Facharztes für Allgemeinmedizin „wurden von uns schon oft zuvor vorgeschlagen“, betont er: „Auch die geplante Weiterentwicklung des Mutter-Kind-Passes zum Eltern-Kind-Pass bis zum 18. Lebensjahr ist sinnvoll und entspricht einer Forderung der Ärztekammer. Dazu liegt dem Gesundheitsministerium ein fertiger Entwurf der Ärztevertretung vor“, erinnert der ÖÄK-Vizepräsident. „Ebenso ist die geplante Abschaffung der unechten USt-Befreiung bei Vermietung an Ärzte als sehr positiv zu bewerten“, sagt Steinhart. Was im Programm noch fehle, ist ein klares Bekenntnis der Regierung, dass sie bereit ist, zusätzliches Geld in die Gesundheitsversorgung zu investieren.
Huter sieht auch positive Ansatz in der geplanten Reform der Ausbildung. Dass die Studienplatzkapazitäten „kontinuierlich erweitert werden“ sollen, lese sich zumindest „schon mal anders, als die von der ÖVP im Wahlkampf noch geforderte Verdoppelung der Studienplätze.“ Immerhin werde auch die postgraduale Ärzteausbildung erwähnt: auch hier sollen die Kapazitäten erweitert werden, „was ja angesichts der Studienplatzerweiterung unumgänglich ist“. Die „Bedarfsorientierung“ sei aber leider nicht näher definiert. Unter der erwähnten Attraktivierung sei wohl die Finanzierung der Allgemeinmedizin im klinisch-praktischen Jahr gemeint. Huter: „Das wäre tatsächlich schon ein Meilenstein, da ja an der Meduni Wien mit mehr als 600 AbsolventInnen pro Jahr im Gegensatz zu den anderen Medunis immer noch keine verpflichtende Rotation in der Allgemeinmedizin etabliert ist. Ob die Finanzierung im Sinne einer Aufwandsentschädigung für die Lehrordinationen gemeint ist (wie etwa an der Meduni Graz) oder für die Studierenden (wie bei vielen Spitalsträgern üblich), ist nicht erwähnt.“ Inhaltlich auch unklar und potentiell vielbedeutend sei das Ziel: „Integration der Inhalte der Basisausbildung um das Klinisch-praktische Jahr.“ (red)
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