Nach der Wiener Ärztekammer rumort es jetzt auch in der Niederösterreichischen Ärztekammer. Gestritten wird über Reformen, die Vizepräsidentin tritt zurück.
Die Standesvertretung der Ärzt:innen kommt nicht zur Ruhe. Nachdem wie berichtet in Wien ein Machtkampf rund um mutmaßliche Missstände in einer ausgelagerten Tochtergesellschaft der Niedergelassenen-Kurie entbrannt ist, herrscht nun auch in Niederösterreich dicke Luft. ÄK-Vizepräsidentin, Kurienobfrau der niedergelassenen Ärzt:innen und Fraktionsführerin der Vereinigung Niederösterreich, Martina Hasenhündl zeigt sich „erbost über die Reformunwilligkeit und den Kurs von Präsident Harald Schlögl“ und legte am Mittwoch den Vorsitz in der Kurie zurück. Bereits am Donnerstag war ihr Name daraufhin auf der Website der Ärztekammer als Funktionärin verschwunden.
„Nach den Ärztekammerwahlen im Mai 2022 bin ich mit meiner Fraktion, der Vereinigung Niederösterreich (vormals #RELOAD), in eine Reformkoalition eingetreten. Das gemeinsam formulierte Ziel hieß: die Kammer in eine transparente, agile, dem Wohl der niederösterreichischen Ärzteschaft verpflichtete Interessenvertretung zu verwandeln. Leider hat die Mehrheitsfraktion, der Ärzteverband NÖ unter ÄK-Präsident Dr. Harald Schlögel, den Reformweg recht schnell verlassen. Sie stellt sich gegen wichtige Reformschritte und ist nicht bereit, die Intransparenz und Behäbigkeit der vergangenen Kammerperioden abzuschaffen. Die Kurie tut viel zu wenig, um die Interessen der niedergelassenen Ärzteschaft in Niederösterreich wirksam voranzutreiben, schreibt Hasenhündl. Der Ärzteverband NÖ scheue sich anscheinend, gegenüber Verhandlungspartnern kantiger aufzutreten. „Diesen Kurs möchte ich weder mittragen, noch kann ich ihn gegenüber unseren Mitgliedern verantworten. Mit großem Bedauern lege ich deshalb mein Amt als Kurienvorsitzende der niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte zurück.“
Hasenhündl wirft dem bisherigen Koalitionspartner unter anderem vor, bei den Honorarverhandlungen mit der ÖGK in die Knie gegangen zu sein und schon im Vorfeld 2,8 Prozent akzeptiert zu haben. Sie „habe das Verhandlungsergebnis nur unter Protest zur Kenntnis genommen, darf seither aber als Kurienvorsitzende den berechtigten Unmut der Kassenärztinnen und -ärzte ausbaden“, ärgert sich Hasenhündl. Auch ein Life-Streaming der Kuriensitzungen sei abgelehnt worden. „Unsere Verhandlungspartner im Land NÖ und in der ÖGK lachen sich ins Fäustchen, wenn die Ärztekammer ein Bild der Gespaltenheit und Schwäche abgibt“, so Hasenhündl, die abschließend verspricht: „Die Vereinigung Niederösterreich und ich werden uns nun als harte und konstruktive Opposition energisch für die Anliegen der Kammermitglieder einsetzen. Bei den Honorar- und Gehaltsverhandlungen werden wir als kritische Beobachter:innen für Transparenz sorgen.“
Harald Schlögel weist die Kritik gegenüber den NÖ-Nachrichten zurück. Er habe sich immer um größtmögliche Information, Lösungen und Reformschritte bemüht. Er habe nun für kommende Woche eine außerordentliche Kurienversammlung einberufen, um eine Nachfolgerin für Hasenhündl wählen zu lassen, deren Ausscheiden er sehr bedaure – „wir verlieren eine tüchtige, engagierte Kollegin“. (rüm)