Der jüngste Fall einer Hausärztin, die von Impfgegnern massiv bedroht wurde und wird, ist laut Ärztekammer kein Einzelfall. Sie appelliert für restlose Aufklärung und Schutz.
Mit dem Fall einer oberösterreichischen Ärztin, die wegen Morddrohungen ihre Praxis vorübergehend geschlossen hat, sind nun auch deutsche Behörden beschäftigt. Eine Hacker-Aktivistin hatte im Gegensatz zu den Behörden in kurzer Zeit zwei Deutsche ausfindig gemacht, die Droh-E-Mails verfasst haben sollen. „Das Einzige, was wir machen können, ist, das den deutschen Behörden anzuzeigen“, bestätigte ein Sprecher der Staatsanwaltschaft Wels einen Bericht der „Oberösterreichischen Nachrichten“. Bei einer gefährlichen Drohung komme es auf den Ort an, an dem der Täter handle. Dadurch sei auch keine inländische Gerichtsbarkeit gegeben. Die Staatsanwaltschaft Wels hatte zuvor das Ermittlungsverfahren wie berichtet bereits eingestellt.
Die Ärztekammer lässt nun Kritik an den Behörden anklingen. „Es muss alles getan werden, um digitale Drohungen zu verhindern und Kolleg:innen eine zusätzlichen Schutz geben. Das muss man jedenfalls sehr ernst nehmen“, sagt Rudolf Schmitzberger, Leiter des Impfreferates der Österreichischen Ärztekammer im RELATUS-Interview. Er bestätigt auch, dass der Fall der Oö-Ärztin kein Einzelfall ist: „Viele von uns – mich eingeschlossen – haben Drohbriefe erhalten. Es wurden zudem Ordinationen beschmiert und Schilder.“ Und Schmitzberger erinnert daran, dass ÖÄK-Präsident Johannes Steinhart bereits vor einem halben Jahr „den konsequenten Einsatz aller gesetzlichen Möglichkeiten der Prävention und strafrechtlichen Verfolgung“ gefordert hat. Es bedürfe eines „politischen und gesellschaftlichen Konsenses, dass die Gewaltbereitschaft von Außenseitern weder die Arbeit und das Leben von Vertretern von Gesundheitsberufen bedrohen, noch die Gesundheitsversorgung gefährden dürfen. Hier sind Politik und Exekutive in die Pflicht zu nehmen“, sagte Steinhart bereits zu Jahresbeginn. „Hier brauchen wir ausreichend Schutz und gegebenenfalls konsequente strafrechtliche Verfolgung der für diese Taten Verantwortlichen. Das gilt auch für die offensichtlich organisierten digitalen Drohungen und Hasskundgebungen durch radikalisierte Impf- und -Maßnahmenkritiker, über die Ärztinnen und Ärzte zunehmend klagen“, begründete Steinhart seine Forderung nach einem Null-Toleranz-Kurs
Schmitzberger berichtet zudem davon, dass bereits vor der Pandemie Gewalt gegen Ärzt:innen zugenommen habe. „Wir haben schon 2019 gemeinsam mit Wiener Gesundheitsverbund eine Umfrage zum Thema Gewalterlebnisse gemacht. 85,4% der Befragten gaben an, in Berufsleben bereits Gewalterfahrung gemacht zu haben.“ Durch die Pandemie habe sich die Gewalt dann auch in dem niedergelassenen Bereich verlagert. Workshops der Ärztekammer für Ärzt:innen zu Konfliktmanagement, Deeskalation aber auch zu Selbstverteidigung seien seither immer ausgebucht. (rüm)