In der Frage, wie der wachsende Nachwuchsmangel im niedergelassenen Bereich behoben werden kann, gehen weiter die Wogen hoch. Ausgangspunkt war ein Rechnungshofbericht, der immerhin das Thema ins Zentrum gerückt hat.
ÖGK-Obmann Andreas Huss ist verwundert: „Nach dem kürzlich veröffentlichten Rechnungshofbericht über die Mängel in der niedergelassenen Versorgung ist es noch unverständlicher, warum die Bundesregierung keine konkreten Maßnahmen ergreift, um die öffentliche Gesundheitsversorgung abzusichern.“ Der Rechnungshofbericht zeige klar, wo Probleme liegen, aber auch genau, wo eben nicht. Die Kritik der Ärztekammer, dass die ÖGK zu wenig für eine Lösung tut, lässt er aber nicht gelten. Die Honorierung der niedergelassenen Kassenärzte werde im RH-Bericht als besonders gut eingeschätzt, gerade im Vergleich zu anderen freiberuflichen Gruppen wie Rechtsanwälten oder Steuerberatern, sagt Huss. Auch die grundsätzliche Menge an öffentlich ausgebildeten Ärzten schätze der Rechnungshof sehr positiv und ausreichend ein. Die Probleme liegen laut Rechnungshof in der Verteilung der Ärzte auf die unterschiedlichen Betätigungsfelder.
Immer mehr Ärzte würden den Weg in den kaum regulierten Privat/Wahlarzt-Bereich wählen, weswegen immer mehr Kassenstellen unbesetzt bleiben, sagt Huss. „Um dem Problem zu begegnen, schlagen die ArbeitnehmerInnen in der ÖGK schon seit längerer Zeit vor, sich ein Beispiel an erfolgreichen Maßnahmen aus Deutschland zu nehmen, allen voran bei der Landarztquote. Bei der Auswahl der richtigen HausärztInnen für die Zukunft braucht es nicht nur fehlerfreie Auswendiglern-Fähigkeiten, sondern auch einen großen Fokus auf Empathie und Sozialkompetenz. Angehende Medizin-StudentInnen, die sich hierin auszeichnen und sich bereit erklären, nach dem Studium fix im öffentlichen Gesundheitssystem zu arbeiten, sollen einen Quick-Check-In fürs Medizinstudium machen können.“ Seit 2017 gibt es in Deutschland die Möglichkeit für Bundesländer, eine Landarztquote einzuführen. Ein Teil der zu vergebenden Medizin-Studienplätze werde dabei zeitlich vor den allgemeinen Zugangsprozeduren an Studierende vergeben, die sich verpflichten, nach dem Studium mindestens zehn Jahre in unterversorgten Regionen im öffentlichen Gesundheitssystem zu arbeiten. „Auch der (CSU-geführte) Freistaat Bayern hat diese Regelung schon eingeführt. Der Andrang der Studierenden auf diese Möglichkeit ist groß und auch der bayerische Gesundheitsminister zeigt sich mit der Maßnahme sehr zufrieden.“
Huss: „Die Landarztquote spricht in Bayern anscheinend die richtige Zielgruppe an und sollte auch an den österreichischen Universitäten ermöglicht werden. Ebenfalls ist zu überlegen, genauso wie in Deutschland, allen ÄrztInnen einen Kassenvertrag anzubieten und die ÄrztInnen ohne Vertrag als reine PrivatärztInnen zu behandeln.“ Das würde auch in Österreich mehr ärztliche Ressourcen in Richtung öffentliche Versorgung steuern, ist der Kassenfunktionär überzeugt. Darüber hinaus brauche es, wie in den Primärversorgungseinheiten vorgezeigt, eine bessere Arbeitsteilung, Beschäftigungs- und Zusammenarbeitsformen von Ärzten mit anderen Gesundheitsberufen. (red)