ÖGK-Minus: Kommt jetzt ein Sparpaket?

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Bis zu 800 Mio. € könnte die ÖGK 2025 Verlust schreiben – das fünfte Verlustjahr seit 2020. In der Steiermark sind Honorarverhandlungen nun ins Stocken geraten. Die Ärztekammer fürchtet einen Flächenbrand und fordert einen Runden Tisch.

Sind es nur jährliche Verhandlungsgeplänkel bei Honorarverhandlungen zwischen ÖGK und Ärztekammer oder sind es erste Signale eines Sparpakets aufgrund der massiv drohenden Kassenverluste? Die jährlichen Honorarverhandlungen zwischen steirischer Ärztekammer und ÖGK sind ins Stocken geraten. „Es ist eine Situation, die wir so noch nie erlebt haben“, meint Dietmar Bayer, Vizepräsident der steirischen Ärztekammer und Obmann der Kurie niedergelassene Ärzt:innen. Das Angebot der ÖGK würde den notwendigen Ausbau des niedergelassenen Bereichs nicht möglich machen, deshalb habe man die Verhandlungen abgebrochen und werde nun „in den Gremien über das weitere Vorgehen beraten“. Im niedergelassenen Bereich gebe es immer mehr Patient:innen, „aber kein Geld.“ Wie man so den niedergelassenen Bereich ausbauen will, um Spitalsentlastungen zustande zu bringen, „ist mir unklar“, sagt Bayer.

Laut Josef Harb, stellvertretender Landesstellenausschussvorsitzender der ÖGK in der Steiermark, sei man nicht im „Voll-Crash“ auseinandergegangen, aber die Ärztekammer habe das ÖGK-Angebot abgelehnt. Im Jänner werde man sich um neue Gespräche bemühen, kündigte Harb an. Für die steirischen ÖGK-Versicherten sollte die Pause kurzfristig keine Auswirkungen haben, denn er geht nicht davon aus, dass es zu einer Vertragskündigung der Ärztekammer kommt. Die Österreichische Gesundheitskasse erwartet im nächsten Jahr ein Defizit von bis zu 800 Millionen Euro. Harb hofft, dass im Zuge der Regierungsverhandlungen im Bund Geld für den niedergelassenen Bereich frei gemacht werde.

Wie berichtet stocken auch die Verhandlungen mit Zahnärzt:innen. Es wird vorerst ab Jahresbeginn keinen von der Kasse vollständig gedeckten Ersatz für das ab dann EU-weit verbotene Amalgam als Zahnfüllungsmaterial geben. Grund sei die Verhandlungsverweigerung der Zahnärztekammer, sagt die Österreichische Gesundheitskasse (ÖGK) und will nun versuchen, mit einzelnen Zahnärzten gesonderte Verträge abzuschließen. Die Kasse wäre bereit gewesen, 20 Prozent mehr als bisher für amalgamfreie Füllungen zu zahlen, wobei sie das relativ neue, in Kassenambulatorien erprobte weiße Material Alkasit forciert. Die Zahnärztekammer hingegen will nur den materialtechnisch unterlegenen Glasionomerzement als für die Patient:innen gratis akzeptieren, alles andere soll aus Sicht der Standesvertretung Privatleistung sein. FPÖ und Grüne werfen der Kasse vor, das schon lange absehbare Thema verschleppt zu haben.

Das Problem ist nach Ansicht von Bayer ein österreichweites: „Es ist ein österreichweiter Flächenbrand, der in der Steiermark begonnen hat.“ Deswegen sei man in Kontakt mit den Ärztekammern in Wien, Burgenland, Kärnten und Niederösterreich, um das Vorgehen abzustimmen. „Wir sehen das als Bankrotterklärung der ÖGK und als Indiz einer drohenden Unfinanzierbarkeit des österreichischen Gesundheitswesens“, betont der steirische Ärztekammer-Vize. „Das Scheitern der Tarifverhandlungen mit der Österreichischen Gesundheitskasse in der Steiermark ist ein Alarmsignal“, befindet auch Johannes Steinhart, Präsident der Österreichischen Ärztekammer, am Sonntag in einer Aussendung. Er fordert einen Runden Tisch zur finanziellen Absicherung der Gesundheitsversorgung. Für Steinhart ist die steirische Situation „ein Vorbote einer Unfinanzierbarkeit des solidarischen Gesundheitssystems“.

Die Entwicklungen in der Steiermark kündigten „düstere Aussichten“ für die gesamte Ostregion mit Wien, dem Burgenland, Niederösterreich und Kärnten an. Steinhart: „Wenn der ÖGK das Geld ausgeht oder sie nicht bereit ist, es auszugeben, dann kann das dem sozialen und solidarischen Gesundheitssystem, das seit Jahren von der Politik ausgehungert wird, einen schweren Schlag versetzen.“ Noch weniger Kassenarztpraxen, noch mehr Druck auf die Spitäler und noch längere Wartezeiten auf Termine seien der Bevölkerung nicht zumutbar, sagt auch Edgar Wutscher, Vizepräsident der Österreichischen Ärztekammer und Obmann der Bundeskurie niedergelassene Ärzte: „Wir brauchen jetzt sehr schnell einen großen Wurf, um die Versäumnisse der Vergangenheit zu korrigieren.“ (rüm)