Die im Zuge der Corona-Pandemie eingeführte telefonische Krankmeldung wird mit Ende August wieder eingestellt. Die Ärzteschaft reagiert mit Unverständnis und Kritik.
„Die im Rahmen der COVID-19-Pandemie eingeführte Möglichkeit der Arbeitsunfähigkeitsmeldungen nach Kontaktmaßnahme der Patienten über Telefon oder Videokonsultation wird mit Ende August wieder zurückgenommen“, heißt es laut Kronenzeitung in einem Schreiben der Österreichischen Gesundheitskasse (ÖGK) an alle Hausärzte. Die ebenfalls wegen der Coronakrise eingeführte Möglichkeit, das Rezept auch elektronische zu übermitteln, soll hingegen erhalten bleiben. Das hatten zuletzt verschiedene Vertreter der Sozialversicherungen angekündigt. Die ÖGK sorgt damit allerdings für Kopfschütteln. Ärztekammerpräsident Thomas Szekeres kritisiert diesen Beschluss als unverantwortlich. Er warnt vor einer zusätzlichen Ansteckungsgefahr, sollten deshalb wieder mehr Patienten persönlich in die Ordinationen kommen.
Die Bestrebungen der ÖGK, die telefonische Krankschreibung Ende August auslaufen zu lassen, kommen zu früh und sind nicht notwendig, sagt auch Johannes Steinhart, Vizepräsident der Österreichischen Ärztekammer und Bundeskurienobmann der niedergelassenen Ärzte Wien: „Die Pandemie ist noch nicht vorbei. Wir müssen weiterhin die Patientinnen und Patienten sowie die Angestellten in unseren Ordinationen mit allen Mitteln schützen – gerade ab September beginnt die entscheidende Phase, die uns möglicherweise eine zweite Welle bringen wird.“
Die Infektionslage sei noch viel zu unübersichtlich, um schon jetzt Aussagen über die Situation in sechs Wochen zu treffen, betont auch Edgar Wutscher, Obmann der Bundessektion Allgemeinmedizin der ÖÄK: „Jede Maßnahme, die verhindert, dass infizierte Menschen in die Ordinationen kommen, muss genutzt werden – vor allem solche, die sich bereits ausgezeichnet bewährt haben.“ Zudem bestehe auch kein wirtschaftlicher Grund, dieses Service auslaufen zu lassen. „Unsere Erfahrungen haben gezeigt, dass die telefonische Krankschreibung keineswegs zu mehr Krankschreibungen geführt hat“, erklärt Steinhart. Unverständnis kommt auch aus Tirol. Während sich die Bundespolitik mit einer Verschärfung der Schutzmaßnahmen beschäftigt, um ein neuerliches Aufflackern der Corona-Pandemie zu verhindern, kündige die ÖGK an, die Möglichkeit der Krankmeldung via Telefon oder Video-Ordination ab September einzustellen, kommentiert Präsident Wechselberger die Absicht der ÖGK. „Eine krasse Fehlentscheidung.“ Während sich alle Experten den Kopf zerbrechen, wie man im Herbst, wenn saisonale Infekte mit COVID-19 zusammentreffen, eine zweite Corona-Welle verhindern kann, müssten sich akut Erkrankte wieder in die Arztordinationen schleppen, um sich krank melden zu lassen. Wechselberger kritisiert das wörtlich „als realitätsfremde Abgehobenheit der Funktionäre und Sturheit der Bürokratie in der ÖGK“. „Treten Sie mit uns in den Dialog, damit wir im Herbst die sichersten und geeignetsten Bedingungen sowohl für Patientinnen und Patienten, als auch für Ärztinnen und Ärzte haben“, appellieren Steinhart und Wutscher an die ÖGK-Spitze. (red)