Für den Generaldirektor der Österreichischen Gesundheitskasse, Bernhard Wurzer, ist die aus den neun Gebietskrankenkassen fusionierte ÖGK startklar. Die neue Gesundheitskasse startet am 1.1. allerdings mit einem Defizit von 175 Millionen Euro.
Die neue Österreichische Gesundheitskasse (ÖGK) startet gleich mit einem satten finanziellen Minus. Laut einer im Überleitungsausschuss vorgelegten Vorschauberechnung wird für 2020 ein Defizit von knapp 175 Millionen Euro erwartet. Die ÖGK-Vorschaurechnung für 2020 beruht auf den Ansätzen der neun Gebietskrankenkassen, die fusioniert werden und noch keine positiven Effekte der Fusion vorsehen, erklärte die ÖGK in einer Aussendung. „Der Rucksack, den die ÖGK übernimmt, ist enorm, aber wir werden aus der Stärke heraus die Chance nutzen, das Ruder herumzureißen“, sagte der Vorsitzende des künftigen Verwaltungsrates, Matthias Krenn. Die neun Gebietskrankenkassen, die mit Jahresanfang in der ÖGK aufgehen, hatten zuletzt bessere Ergebnisse erzielt, wenngleich die Tendenz auch schon nach unten ging. So haben alle Krankenkassen insgesamt im Jahr 2018 noch einen Überschuss von 111 Millionen Euro erzielt. Für 2019 wurde nach der letzten Prognose vom 15. November mit einem Defizit von 68 Millionen gerechnet.
Für die Vertragspartner verspricht ÖGK-Generaldirektor Bernhard Wurzer Erleichterungen. Das Wichtigste sei, dass die ÖGK alles bundeslandzentriert mache. Vertragspartner müssten nicht mehr darauf achten, aus welchem Land ein Patient kommt und was die jeweilige Kasse bezahle. „Das ist eine gewaltige Verwaltungsvereinfachung für unsere Vertragspartner. Man rechnet nur noch mit seiner Landesstelle ab, egal wo jemand herkommt.“ Sonst ändere sich für die Vertragspartner nichts. Die Abrechnung laufe wie bisher. Künftig wird es für Vertragspartner aber einen eigenen Ansprechpartner geben. Für Ärzte und Gesundheitsberufe ist das Franz Kiesl. Er war bisher Ressortdirektor der OÖGKK für den ärztlichen Bereich und hat dort nicht nur Ärzteverträge verhandelt, sondern im Hauptverband auch den Gesamtvertrag für die Primärversorgungseinheiten und die Anstellung von Ärzten bei Ärzten. Vor Ort in den Bundesländern gibt es dann weitere Ansprechpartner.
Aufgesetzt worden ist für den Start, die Organisationsstruktur mit einer Steuerung der einzelnen Fachbereiche. So wurden 133 Abteilungen in den bisherigen GKKs einzelnen Fachbereichen zugeordnet. Diese sollen bis Mitte des Jahres einen Dienstpostenplan erstellen und auch die Prozesse bündeln. Hier sieht Wurzer in den bisher sehr unterschiedlichen Strukturen viel Einsparungspotenzial. Wo es noch keinen neuen standardisierten Prozess gebe, bleibe vorerst alles wie gehabt. Das Ziel sei aber dann nach einem gemeinsamen Prozess zu arbeiten. Bei der IT beginne das bereits. Für die rund 7,2 Millionen Versicherten der ÖGK sind für 2020 Gesundheitsleistungen von fast 15,3 Milliarden Euro vorgesehen. Für „Ärztliche Hilfe und gleichgestellte Leistungen“ sind rund 3,9 Milliarden Euro veranschlagt. Enthalten sind hier neben den Honoraren für Vertragsärzte auch die verschiedenen Therapeutengruppen und vor allem die Spitalambulanzen.
Die ÖGK sieht sich für die Umstellung gerüstet startklar: Der Überleitungsausschuss fasste in einer langen Sitzung diese Woche wichtige Beschlüsse für den angestrebten Start mit 1. Jänner. In erster Linie wurde die Leistungsharmonisierung für Versicherte abgesegnet. Wo es noch Satzungsunterschiede zwischen den Gebietskrankenkassen gab, werden die Leistungen harmonisiert und verbessert. „Es freut mich, dass es gelungen ist, dies alles ein Jahr vorher, als uns der Gesetzgeber vorschreibt, umzusetzen“, sagte Krenn. „Die Leistungen von allen neun Bundesländern wurden auf hohem Niveau harmonisiert“, zeigte sich auch Barbara Teiber, Vorsitzende der Gewerkschaft der Privatangestellten, zufrieden. Die Kritik, dass künftig mehr Selbstbehalte drohen, weißt Wurzer zurück: Man habe schon jetzt Selbstbehalte abgeschafft – etwa bei Krankentransporten – und Leistungen nach oben harmonisiert. „Das wird uns was kosten und ist auch ein Rucksack, den wir nächstens Jahr mit der neuen Organisation wieder herein bringen wollen.“ (rüm)