Neue Selbstbehalte und Leistungskürzungen sind in der Österreichischen Gesundheitskasse (ÖGK) offenbar vom Tisch. Das wurde zumindest von allen Beteiligten nach einem Runden Tisch im Sozial- und Gesundheitsministerium bestätigt. Auch über die erwarteten Verluste wurde Klarheit hergestellt.
Der Runde Tisch zur finanziellen Lage der Österreichischen Gesundheitskasse (ÖGK) am Mittwochabend hat nach Angaben von Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) und ÖVP-Sozialsprecher August Wöginger die Verständigung gebracht, dass es keine Verschlechterung für die Patienten geben wird. Es werde keine Selbstbehalte und keine Leistungskürzungen geben, das sei außer Streit gestellt worden, berichteten das Ministerium und Wöginger am Donnerstag. Die vorliegende Prognose der ÖGK bis 2024, die summiert Verluste von 1,7 Milliarden Defizit voraussagt, sei von den Teilnehmern als „seriös, aber sehr, sehr vorsichtig“ eingeschätzt worden, hieß es seitens des Sozialministeriums. Manche würden die Prognose als Worst-Case-Szenario werten, etwa das Finanzministerium. Dieses sehe wesentliche Zuflüsse noch nicht erfasst und führe aktuell eine Detailprüfung durch. Wesentliche geplante Verbesserungen durch das Regierungsübereinkommen seien noch nicht berücksichtigt. Keine Einigung gab es allerdings in der Frage des Kassen-Strukturausgleichs.
Das Gespräch mit den Spitzen der ÖGK und des Dachverbandes der Sozialversicherungen bei Anschober sei in guter, konstruktiver Atmosphäre verlaufen. Kostendämpfungsvorschläge ohne Verschlechterungen für die Patienten würden von der ÖGK erarbeitet und der Politik vorgelegt. So wie nun begonnen, solle auch in Zukunft die Budgetentwicklung dem Parlament und der Öffentlichkeit transparent dargestellt werden. Anschober will zudem den Gesundheitsausschuss in der nächsten Sitzung am 2. März umfassend informieren. „Der Runde Tisch war ein guter Neustart einer konstruktiven Arbeitskultur“, erklärte der Minister: „Es hat politische Entscheidungen gegeben, aus denen wollen und werden wir jetzt das Beste machen.“ Er wolle alle wesentlich Betroffenen umfassend einbinden.
Obwohl man klargestellt hat, dass es keine Selbstbehalte geben werde, hält der ÖVP-Klubobmann die von der Gewerkschaft und der SPÖ geforderte Änderung des Paragrafen 31 ASVG für nicht notwendig. Darin ist festgelegt, dass der Dachverband jährlich eine Verordnung zu erlassen hat, ob ein Kostenbeitrag beim Arztbesuch zu entrichten ist. Wöginger verweist darauf, das dies nicht praktiziert werde und eine solche Verordnung noch nie erlassen wurde. Auch eine Rücknahme der von der türkis-blauen Regierung beschlossenen Maßnahmen, die laut Gewerkschaft die ÖGK von 2019 bis 2024 mit 744 Millionen Euro belasten, lehnt Wöginger ab. Den größten Posten macht mit knapp 500 Millionen Euro dabei der Pauschalbetrag aus, den die AUVA der ÖGK für vorab bezahlte Arbeitsunfälle leistet. Wegen der Beitragssenkung der AUVA wird dieser ab 2023 gestrichen. Wöginger verweist darauf, dass es dann eine Nachfolgeregelung mit einer Einzelfallabrechnung geben werde. Das bedeute, dass die ÖGK auch dann noch Geld von der AUVA für die Behandlung von Arbeitsunfällen bekommen werde.
Dennoch ist auch aus Sicht der Gewerkschaft das Gespräch „sehr konstruktiv verlaufen“, hieß es vonseiten der Co-Vorsitzenden im Dachverband und Leitenden ÖGB-Sekretärin Ingrid Reischl. Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) sieht die prognostizierten Verluste der Österreichischen Gesundheitskasse (ÖGK) gelassen. Derartige Prognosen fielen immer deutlich skeptischer und pessimistischer aus, als sich am Ende des Jahres herausstellt, verteidigte er die Kassenreform der einstigen ÖVP-FPÖ-Regierung. Auch die durch die Zusammenlegung versprochenen Einsparungen werde es geben, zeigte sich der Kanzler optimistisch. (APA/red)