Eine neue Studie zeigt, wie viele Lebensjahre in europäischen Ländern aufgrund der Corona-Pandemie verloren gingen – mit teils überraschenden Ergebnissen.
In einer aktuellen Studie, durchgeführt von britischen Forscher:innen, wurden für die Jahre 2020 bis 2022 in Österreich rund 350.000 verlorene Lebensjahre ermittelt. Neben den direkten Auswirkungen von Covid-19 spielten auch die Begleiterscheinungen der Pandemie, wie etwa Störungen in der medizinischen Versorgung, eine wichtige Rolle. Die Untersuchung mit Daten aus 18 europäischen Ländern schätzt, dass insgesamt knapp 17 Millionen Lebensjahre verloren gingen. In Österreich wurden 2020 etwa 90.000 Lebensjahre verloren, und in den folgenden Jahren stieg dieser Wert auf 123.000 (2021) und 140.000 (2022). Österreich liegt mit etwa 70 verlorenen Jahren pro 1.000 Einwohner im hinteren Mittelfeld der 18 Länder, die in der Studie untersucht wurden. Besonders stark war der Verlust in Ländern wie Estland und Polen, während Länder wie Schweden, Dänemark oder die Schweiz weniger Verluste verzeichneten.
Letzteres überrascht in dem Sinn, da es sich bei diesen Ländern um jene mit damals liberaleren oder auf bestimmte Bevölkerungsgruppen fokussierte Quarantäne- und Lockdownregelungen handelt. In Österreich und den allermeisten anderen europäischen Ländern setzte man teils auf strikte und mit Fortdauer der Pandemie entsprechend immer umstrittenere Regelungen für breite Bevölkerungsteile. Im Gegensatz dazu fokussierte dagegen etwa Schweden seine Eindämmungsmaßnahmen stark auf ältere Personen. Ebenfalls überraschend: Die Impfkampagnen halfen zwar, die auf Covid-19 zurückzuführende Übersterblichkeit zu senken, der Anteil verlorener Jahre im Rahmen der Pandemie, die nicht direkt auf Covid-19 zurückzuführen sind, war laut der Analyse aber beträchtlich – nämlich zwischen 3,6 und 5,3 Millionen Lebensjahre. Und dieser Anteil sank auch nicht ab, als die Covid-19-Impfungen anfingen zu greifen. Im Gegenteil: Die Nicht-Covid-Übersterblichkeit stieg in den meisten Ländern im Untersuchungszeitraum sogar an.
Laut Studie hätte mehr als die Hälfte der verlorenen Lebensjahre in weitestgehender Gesundheit verbracht werden können. Länder mit höherem Durchschnittseinkommen konnten den Verlust insgesamt besser begrenzen, während Frauen im Vergleich zu Männern deutlich weniger Lebensjahre verloren. Dies verdeutlicht, dass sich die sozioökonomischen und geschlechtsspezifischen Unterschiede während der Pandemie verstärkt haben. Laut Studienleiterin Sara Ahmadi-Abhari vom Imperial College London unterstreicht vor allem die Übersterblichkeit bei Personen, die nicht an oder mit Covid-19 starben, die dringende Notwendigkeit eines umfassenden Programms zur Pandemie-Vorbereitung, das sowohl kurzfristige als auch langfristige Effekte auf die öffentliche Gesundheit berücksichtigt. (red/APA)
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