Gleich in mehreren Bereichen des Gesundheitswesens stocken derzeit die Kollektivvertragsverhandlungen: in Privatspitälern und der Pharmabranche. In der Medizintechnik gibt es eine Einigung.
„Nur leichte kosmetische Korrekturen aber keine substanziellen Verbesserungen bei Arbeitszeit und Zulagen im aktuellen Angebot der Arbeitgeber“, ortet Harald Steer, Verhandlungsleiter für die Gewerkschaft vida bei den KV-Verhandlungen für die Beschäftigten in den Privatkrankenanstalten Österreichs, nachdem auch die fünfte Verhandlungsrunde ergebnislos beendet wurde. Ziel der Gewerkschaft ist es, bei den Verhandlungen die bestehenden Lücken bei Einkommen und Arbeitsbedingungen im Vergleich zu den besser dotierten Kollektivverträgen der anderen österreichischen Spitalsbereiche zu verkleinern. „Wir sind hier im Österreichvergleich bei den Schlusslichtern und sehen nicht ein, warum unsere Arbeit weniger wert sein soll“, betont Steer. „Auch mit einer derzeit gebotenen Erhöhung der Gehälter für die Mitarbeiter:innen in den Privatkrankenanstalten um 9,15 Prozent auf die KV- aber nicht auf die Ist-Gehälter würde diese Kluft nur marginal verkleinert werden. Der Branchenschnitt kann so sicherlich nicht erreicht werden“, kritisiert der vida-Gewerkschafter.
Die Arbeitgeberseite spricht hingegen von einem „äußerst attraktiven Angebot“, das auch laufend nachgebessert wurde. Bei den Privatkliniken ortet man eine nicht nachvollziehbare Verzögerungstaktik der Gewerkschaft, die auf dem Rücken der Mitarbeitenden ausgetragen wird. „Wir waren mit unserem attraktiven Angebot knapp vor einer Einigung, allerdings hat die Gewerkschaft ihre Forderungen laufend angehoben. Wir haben unsere Angebote nachgebessert, sind aber an einem Punkt angelangt, der bei unseren Mitgliedsbetrieben zu Mehrbelastungen geführt hätte, die wirtschaftlich nicht tragbar sind. Deshalb ist auch der fünfte Verhandlungstermin ergebnislos geblieben“, erläutert Stefan Günther, Generalsekretär und Verhandlungsführer des Verbands der Privatkrankenanstalten, den aktuellen Stand der KV-Verhandlungen. Die Gewerkschaft lasse außer Acht, dass die Mitglieder des Verbands äußerst heterogen sind: Im österreichweit gültigen KV sind nicht nur Kliniken, sondern auch Rehas, Pflegeheime und Sanatorien mit unterschiedlichen Betriebsgrößen abgebildet, unter denen sich gemeinnützige und nicht gemeinnützige Betriebe finden.
Offen sind auch die Gespräche in der Chemie- und Pharmabranche, wo am Dienstag auch die dritte Verhandlungsrunde keine erfolg gebracht hat. „Die Arbeitgeber legten bislang kein konkretes Angebot für eine Lohn und Gehaltserhöhung auf den Tisch“, teilte die Gewerkschaft nach der zweiten Runde mit. Die Gewerkschaften PRO-GE und GPA beriefen daher am Montag eine österreichweite Konferenz der Betriebsrät:innen in Leonding/OÖ ein, um gemeinsam die weitere Vorgangsweise zu beraten und den Druck zu erhöhen. Etwa 350 Betriebsrät:innen und Jugendvertrauensrät:innen der Chemischen Industrie beschlossen dort eine einstimmige Resolution und forderten eine „reale Lohn- und Gehaltserhöhung unter besonderer Berücksichtigung der Bezieher:innen niedriger Einkommen“. Die zugrundeliegende durchschnittlichen Inflationsrate liegt bei 6,36 Prozent. Im Rahmenrecht fordern die Betriebsrät:innen eine Reduzierung der wöchentlichen Arbeitszeit, leichtere Erreichbarkeit der 6. Urlaubswoche, ein zusätzliches Jubiläumsgeld, Gratis-Klimaticket für Lehrlinge, sowie einen freien Tag zur Einschulung des Kindes.
„Die Branche steht in Österreich vor einer herausfordernden Situation: Eine schwache Auftragslage trifft auf eine hohe Inflation, die deutlich über dem EU-Durchschnitt liegt“, betonte die Arbeitgeberseite in einer Aussendung. Dies stelle insbesondere für eine stark exportorientierte Industrie, die im scharfen internationalen Wettbewerb steht, eine nur noch schwer zu bewältigende Herausforderung dar. „Nach einem Produktionsrückgang von über 10 Prozent im Jahr 2023 sehen wir leider immer noch kein Licht am Ende des Tunnels“, beschreibt Berthold Stöger, Verhandlungsführer der Arbeitgeber in der chemischen Industrie, die anhaltend schlechte Auftragslage in diesem Sektor.
In der Elektro- und Elektronikindustrie, zu der auch viele Medizintechnikunternehmen gehören, hat sich die Gewerkschaft mit den Arbeitgebern in der dritten Verhandlungsrunde auf einen neuen Kollektivvertrag (KV) für die rund 60.000 Beschäftigten in der Elektro- und Elektronikindustrie geeinigt. Demnach werden die kollektivvertraglichen Löhne und Gehälter um 7,5 Prozent erhöht und die Ist-Löhne und -Gehälter steigen um 6,8 Prozent, wie die Gewerkschaften PRO-GE und GPA am Montagabend mitteilten. Die Erhöhungen gelten mit 1. Mai. (rüm/APA)