Die Diskussion über den Verbleib von Tausenden Paxlovidpackungen reißt nicht ab. Der Gesundheitsminister schaltet jetzt die Finanzprokuratur ein, um „Auffälligkeiten“ in Apotheken zu prüfen.
Zum Jahresausklang gab es wie berichtet am Höhepunkt der neuerlichen Corona-Welle Debatten zwischen Gesundheitsministerium und der Apothekerkammer über den Verbleib von Tausenden Packungen des Medikamentes Paxlovid, das der Bund gekauft und zur Verfügung gestellt hat. Die Apotheker kritisierten, es sei zu wenig von dem Medikament eingekauft worden, der Ressortchef verwies auf einen scheinbar unerklärlichen Schwund. Offenbar sind die Unklarheiten nach wie vor nicht ausgeräumt. Am Dienstag gab es einen neuen Termin zwischen Gesundheitsminister Johannes Rauch (Grüne) und der Apothekerkammer und der Minister legte nach. Auf X (vormals Twitter) meldete sich Rauch zu Wort: „In der Pandemie hat der Bund kurzfristig das Corona-Medikament Paxlovid gekauft, um Leben zu retten. Über 130.000 Packungen haben die Apotheken in den letzten 2 Jahren erhalten. Mein Ministerium hat die @apokammer heute aufgefordert, die Verwendung vollständig zu belegen. Sie muss diese Daten nun von den Apotheken einholen“, schrieb der Gesundheitsminister.
„Uns liegen bisher nur für jene Paxlovid-Packungen Abrechnungen vor, die auf Kassenrezept abgegeben wurden. Für den Rest gibt es verschiedene Erklärungen (Privatrezepte, Überschreitung des Ablaufdatums), aber keine Belege“, so Rauch. In Deutschland würden bereits mehrere Staatsanwaltschaften dem Verdacht nachgehen, dass Paxlovid illegal weiterverkauft wurde. „Auch bei uns gibt es Apotheken, deren Bestellungen oder Abrechnungen auffällig vom Bundesschnitt abweichen.“ Rauch hat deshalb die Finanzprokuratur – als „Anwalt der Republik“ – eingeschaltet, „um rechtzeitig weitere Schritte zu prüfen. Auf Basis der Rückmeldungen aus den Apotheken werden wir über das weitere Vorgehen entscheiden“, kündigte der Ressortchef an.
„Die Abgabe von Paxlovid an die Bevölkerung stand stets unter der Prämisse, dass die Versorgung der Patientinnen und Patienten flächendeckend, rasch und möglichst unbürokratisch erfolgen muss. Es gab seitens des Gesundheitsministeriums leider keine konkreten Vorgaben hinsichtlich der Anspruchsberechtigten und der Voraussetzungen der Abgabe“, verteidigte die Apothekerkammer in einer Aussendung das Vorgehen. Dass es zwischen den vom Bund bestellten und vom Großhandel ausgelieferten Paxlovid-Packungen und den Abrechnungen über die Sozialversicherung bzw. über Privatrezepte zu Abweichungen komme, sei den unterschiedlichen Abrechnungsmodalitäten und dem gesetzlichen – zeitlich verzögerten – Fristenlauf geschuldet, erklärte die Kammer wie bereits im Dezember: „Die Österreichische Apothekerkammer hat im Rahmen ihrer Möglichkeiten alles dazu beigetragen – und wird dies auch weiterhin mit voller Transparenz tun –, mögliche aufgetretene Abweichungen zu plausibilisieren. Diese Vorgangsweise wurde heute auch mit dem Gesundheitsministerium besprochen.“
Der freiheitliche Gesundheitssprecher und Vorsitzende des parlamentarischen Gesundheitsausschusses Gerhard Kaniak, der selbst Apotheker ist, ortet die Schuld beim Minister selbst: „Niemand anderer als der Minister selbst hat mit parallelen Vertriebsstrukturen gegen die etablierten Versorgungswege zu einem Chaos ohne wirtschaftliche Verantwortung beigetragen und die Etablierung von funktionierenden Kontrollmechanismen verabsäumt“, betonte er. Kaniak findet „die Reaktion des grünen Ministers deshalb mehr als frech“ und erstaunlich, da dieser über 1.400 Apotheken in Österreich „unter Generalverdacht“ stelle. (rüm/APA)