Weniger Medikamente bei älteren Patienten führen nicht unbedingt dazu, dass es ihnen schlechter geht. Das zeigt nun eine Studie aus der Schweiz, die im „British Medical Journal“ veröffentlicht worden ist.
In einer Studie mit rund 2.000 Personen zeigte sich, dass fast neun von zehn mehrfach Erkrankten teils unnötige oder ungeeignete Medikamente erhalten. Viele ältere Menschen haben mehrere chronische Krankheiten, unangemessene Behandlungen können dabei zu zusätzlichen Spitaleinweisungen führen. Ein europäisches Forschungsprojekt unter Leitung des Inselspitals und der Universität Bern konnte nun nachweisen, dass die Anzahl der Medikamente und die Dauer der jeweiligen medikamentösen Behandlung vermindert werden können, ohne dass sich der Gesundheitszustand der Patienten verschlechtert.
Das Team nutzte eine Software, um falsche oder übermäßige Verschreibungen von Medikamenten zu ermitteln. Resultat: 86 Prozent der untersuchten Patientinnen und Patienten erhielten überflüssige und potenziell schädigende Medikamente, wie das Inselspital mitteilte. In der randomisierten Studie konnte die medikamentöse Behandlung in der Interventionsgruppe bei 62 Prozent der Patienten verbessert werden. Durchschnittlich wurde ein Medikament reduziert, ohne dass sich der Gesundheitszustand verschlechterte.
Weniger Spitaleinweisungen waren jedoch im Vergleich zur Kontrollgruppe nicht zu beobachten, wie die Wissenschafter im „British Medical Journal“ berichten. Allerdings seien nicht alle Empfehlungen umgesetzt worden, so Nicolas Rodondi, Gesamtleiter der Studie. Deshalb gehen die Forschenden davon aus, dass „eine intensivere Beratung sowie eine bessere Einhaltung der Medikationsempfehlungen schlussendlich auch eine Reduktion der Spitaleinweisungen bewirken könnte.“ Die in vier europäischen Ländern durchgeführte Studie, deren Resultate nun veröffentlicht wurden, schloss Personen über siebzig Jahren ein, die unter mindestens drei chronischen Erkrankungen litten und regelmäßig fünf oder mehr Medikamente einnahmen. Die Gesamtleitung hatte die Universitätsklinik für Allgemeine Innere Medizin des Inselspitals Bern inne.
Zur Studie: https://www.bmj.com/content/374/bmj.n1585