Beim gleichzeitigen Vorhandensein von Aortenstenose und kardialer Amyloidose kann ein neues Punktesystem in der Diagnostik helfen, berichten Forscher der Meduni Wien.
Die Aortenstenose, die hochgradige Einengung der Aortenklappe, und die kardiale Amyloidose, bei der es zur Ablagerung von Eiweiß im Herzmuskel kommt, sind schwere Herzerkrankungen, an denen besonders ältere Patienten gleichzeitig erkranken können. Unter Beteiligung eines Forschungsteams um Julia Mascherbauer und Christian Nitsche von der Klinischen Abteilung für Kardiologie (Universitätsklinik für Innere Medizin II von Meduni Wien und AKH Wien) konnte nun in einer internationalen Studie gezeigt werden, dass ein auf einfachen klinischen Parametern basierendes Punktesystem dabei hilft, die Diagnostik zu verbessern, um ein gleichzeitiges Auftreten beider Krankheiten zu erkennen.
In der aktuellen Studie wurden das gleichzeitige Vorliegen beider Erkrankungen bei Aortenstenose-Patienten, die für eine Therapie mittels TAVI zugewiesen wurden, sowie eine prognostische Auswirkung untersucht. Insgesamt wurde bei jedem achten der 407 untersuchten Aortenstenose-Patienten gleichzeitig eine kardiale Amyloidose festgestellt. Da der Einsatz einer DPD-Knochenszintigraphie, einem sensitiven Test zum Feststellen einer kardialen Amyloidose, bei allen TAVI-Patienten aus ökonomischen und logistischen Gründen unpraktikabel ist, entwickelte das Studienteam ein Punktesystem basierend auf einfachen klinischen Parametern, die für das Screening einer zweifachen Herzerkrankung eingesetzt werden kann.
„Das Punktesystem ermöglicht, entlang einfacher klinischer Parameter wie zum Beispiel EKG-Veränderungen, überdurchschnittliche Herzverdickung oder bestehendes oder operiertes Karpaltunnelsyndrom, einzuordnen, ob bei Aortenstenose-Patienten zusätzlich eine kardiale Amyloidose wahrscheinlich ist und eine aufwändigere Untersuchung durch die DPD-Knochenszintigraphie durchgeführt werden sollte“, erklärt Studienleiter Christian Nitsche von der Klinischen Abteilung für Kardiologie. In der im Journal of American College of Cardiology publizierten Studie wurde weiters festgestellt, dass sowohl Aortenstenose-Patienten ohne zusätzliche kardiale Amyloidose als auch jene mit dieser zusätzlichen Herzerkrankung von einem Klappenersatz mittels trans-katheter gestützten Aortenklappenersatz (TAVI) profitieren. „Die Ergebnisse zeigen, dass die minimal-invasive TAVI-Methode für beide Gruppen geeignet ist. Wir schlussfolgern deshalb, dass Aortenstenose-Patienten, die auch an einer kardialen Amyloidose leiden, die TAVI-Therapie nicht vorenthalten werden sollte“, sagt Nitsche.
Ob umgekehrt die Medikamente zur Behandlung der kardialen Amyloidose nach einem Klappenersatz zum weiteren Therapieerfolg bei doppelter Herzerkrankung beitragen, müsse in weiteren Studien untersucht werden.
Studie: Journal of the American College of Cardiology: „Prevalence and Outcomes of Concomitant Aortic Stenosis and Cardiac Amyloidosis.“ Nitsche C., Thomas A. Treibel et al., J Am Coll Cardiol. Nov 08, 2020. Epublished DOI: 10.1016/j.jacc.2020.11.006. https://www.jacc.org/doi/10.1016/j.jacc.2020.11.006