Raus aus der Tabuzone

Der 10. Oktober gilt weltweit als internationaler Tag der psychischen Gesundheit, als Mental Health Day. Jedes Jahr wird mit vielfältigen Aktionen auf die Notwendigkeit der Förderung der psychischen Gesundheit aufmerksam gemacht.

Eine Grundvoraussetzung für ein gesundes Leben und eine gute Lebensqualität ist psychosoziale Gesundheit. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) definiert diese als „Zustand des Wohlbefindens, in dem die und der Einzelne seine Fähigkeiten ausschöpfen und die normalen Lebensbelastungen bewältigen kann und der es ihr und ihm ermöglicht, produktiv zu arbeiten und zur Gemeinschaft beizutragen.“ Für eine stetig wachsende Zahl von Menschen ist das jedoch nicht mehr der Fall: Prognosen der WHO zufolge werden Depressionen und Angststörungen bald neben Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Krebs zu den häufigsten Krankheiten zählen.

Manchmal hilft bereits ein Gespräch im Familien- oder Freundeskreis, um sich besser zu fühlen. Manche Menschen benötigen in einer Krise professionelle Unterstützung. Häufig wird jedoch seelisches Ungleichgewicht nach wie vor einfach verschwiegen – aus Scham und aus Angst, wenig Akzeptanz zu finden. Genau hier setzt der Tag der psychischen Gesundheit an und will Veränderung bewirken. Er wurde 1992 vom Weltverband für psychische Gesundheit (WFMH) gemeinsam mit der Weltgesundheitsorganisation (WHO) ins Leben gerufen. Jedes Jahr bestimmt die WHO ein Schwerpunktthema, im heurigen Jahr heißt der Slogan „Psychische Gesundheit für alle“ und fordert mehr Investitionen in und einen besseren Zugang zu Diagnose und Therapie.

Versorgungssituation unbefriedigend

39 Prozent der Österreicher sind im Schnitt von einer psychischen Erkrankung betroffen – das belegt die Studie „Psychische Gesundheit in Österreich“, die vom Berufsverband Österreichischer PsychologInnen und Karmasin Research & Identity kürzlich präsentiert wurde. Ein Ergebnis war auch, dass die Versorgungssituation für Menschen mit psychischen Erkrankungen unbefriedigend ist. Daher hat Gesundheitsminister Rudolf Anschober kürzlich angekündigt, das Angebot in diesem Bereich schrittweise zu verbessern: „Als Start dieses großen Ausbauprojektes erarbeiten wir an einem runden Tisch die ersten Schritte für einen stufenweisen Ausbau der Versorgung. Wartefristen verkürzen, Zugang verbessern und ein besseres Ineinandergreifen der Angebote sind die ersten Ziele eines des größten geplanten Reformprozesses. Mein Ziel ist, dafür zu sorgen, dass die vielen Betroffenen schneller die richtige Behandlung und Betreuung erhalten.“

Während der Pandemie hat das Thema noch einmal eine neue Dimension angenommen: Die neue Situation und die unbekannte Viruserkrankung selbst erzeugten Unsicherheit, Angst, Sorge und Unruhe in fast allen Teilen der Bevölkerung. Homeoffice, Homeschooling, Ausgangsbeschränkungen oder Quarantäneverordnungen haben dann viele Menschen an die Grenze ihrer Belastbarkeit gebracht. Depressionen, Angststörungen und Schlaflosigkeit haben nachweislich zugenommen – nicht nur bei Erwachsenen. Dennoch sagen 65 Prozent der Befragten, dass sie sich eine notwendige Behandlung nicht leisten können.

Tipps für Betroffene:

  1. Beschaffen Sie sich Informationen aus vertrauenswürdigen Quellen.
  2. Setzen Sie sich selbst ein Limit beim Nachrichtenkonsum, und konzentrieren Sie sich bewusst auf Lebensbereiche in Ihrem Alltag, die Sie positiv beeinflussen können.
  3. Passen Sie auf sich auf! Beachten Sie die Hygieneregeln, essen Sie gesund, machen Sie Spaziergänge an der frischen Luft, und sorgen Sie für ausreichend erholsamen Schlaf.
  4. Halten Sie Kontakt zu Familie und Freunden, und unterstützen Sie die Menschen in Ihrem Umfeld.
  5. Denken Sie positiv, und suchen Sie bewusst positive Informationen oder ein Hobby, das Ihnen Spaß macht.
  6. Erkennen Sie Ihre Gefühle an – emotionale Reaktionen in unsicheren Zeiten sind normal.
  7. Nehmen Sie sich Zeit, mit ihren Kindern über die Situation zu sprechen.
  8. Holen Sie sich professionelle Unterstützung. Ärzte und Therapeuten können Sie in schwierigen Lebensphasen gut begleiten.

 

 

Quelle: Mentals Health Europe, pro mente Austria