Der Rechnungshof geht davon aus, dass Österreich auf die demografischen Veränderungen in Bezug auf Pflege nicht ausreichend vorbereitet ist. Grund sind einmal mehr länderspezifische Unterschiede und mangelnde Koordinierung.
In einer Analyse für Rechnungshofausschuss des Nationalrates beurteilte der Rechnungshof die Zweckmäßigkeit der Pflegedienstleistungen in allen neun Bundesländern und berechnete die Pflegekosten für das Jahr 2016 in Höhe von insgesamt 7,9 Mrd. €. Bisher habe darüber eine österreichweite Statistik gefehlt, wird das Unterfangen begründet und zugleich Kritik geübt. Für die zu dieser Zeit 452.688 Pflegebedürftigen kamen von der Gesamtsumme 2,9 Mrd. € vom Bund und rund 2,1 Mrd. € von den Ländern und Gemeinden, während weitere 2,9 Mrd. € privat abgedeckt wurden. Ein gutes Drittel der Pflegekosten werde also privat erbracht, wobei die Zahl der dafür zur Verfügung stehenden Angehörigen sich laut Rechnungshof in den nächsten Jahrzehnten drastisch verringern werde. Auch gesellschaftliche Entwicklungen, etwa eine höhere Frauenerwerbsquote könnten dem Prüforgan zufolge Auswirkungen auf die private Pflege haben, weshalb es auf eine Bedarfsprognose und die Erweiterung des Pflegeangebots anhand einer Gesamtstrategie pocht.
Rechnungshofpräsidentin Margit Kraker erklärte, mit dem Bericht eine Grundlage für einen Bundesländer-Vergleich zu liefern. So zeigte die Prüfung bei der stationären Pflege deutliche länderspezifische Unterschiede bezüglich Kosten und Heimdichte auf. Qualitätsstandards für Pflegeheime würden ebenso fehlen wie österreichweite Vorgaben, etwa zur Gestaltung von Heimtarifen und Personalausstattung. Bund und Länder würden im Pflegebereich nur eingeschränkt koordiniert vorgehen, auch in Bezug auf die Finanzierung. Diese sei unklar aufgeteilt. Aus Sicht des Rechnungshofs sei daher ein nachhaltiges Finanzierungssystem und eine koordinierte Gesamtsteuerung zu entwickeln, um die bestehenden Schwächen zu beseitigen.
Nachdem über Jahrzehnte versucht wurde, einen großen Wurf bei der Vereinheitlichung der Pflegeversorgung zu erzielen, gebe es mittlerweile neben einem allgemeinen Bewusstsein für die Problematik auch einen gewissen Leidensdruck aller Beteiligten, meinte Sozialminister Rudolf Anschober (Grüne). Es sei notwendig, die Pflegereform noch in dieser Legislaturperiode zustande zu bringen, zeigte er sich gegenüber den Plänen aufgrund des Grundkonsenses über eine solche Notwendigkeit zwischen allen Beteiligten grundsätzlich zuversichtlich. Inhaltlich sei das Projekt nach hunderten Gesprächen und Dialogveranstaltungen mit ExpertInnen, Organisationen und den Landesverwaltungen weit fortgeschritten, sagte er und kündigte die Vorlage eines Rohberichts im Februar oder März sowie Etappenumsetzungspläne im Laufe des Frühlings an. Das zentrale Reformelement ist laut dem Minister eine Zielsteuerungskommission. (red)