Pflegepraktikum statt Tests, Einbeziehung von Schulnoten oder sozialer und ehrenamtlicher Tätigkeiten: eine Reform des Medizin-Aufnahmetest soll mehr Ärzt:innen bringen. Das Problem liegt aber woanders.
Österreichische Politik ist oft Symptombekämpfung und ähnelt damit dem was meist im Gesundheitswesen passiert. Dort sind die Krankenversicherungen etwa nicht zur Prävention verpflichtet, sondern nur Krankenbehandlung. In der Politik wird jetzt wiederum laut darüber nachgedacht, wie die Personallücken im Gesundheitswesen generell und der Pflege und Medizin im Speziellen geschlossen werden könnten. Jüngster Vorschlag: Junge Menschen, die Medizin studieren möchten, sollen vor dem Aufnahmetest zu Studium ein Jahr in der Pflege arbeiten – um die soziale Kompetenz zu stärken. Tatsächlich denkt die Politik über eine Reform der Aufnahmetests nach.
Wirklich etwas bringen wird das aber nicht. Denn die fehlende Zahl an Mediziner:innen liegt nicht an den scheinbar fehlenden Kompetenz der Bewerber:innen oder an den begrenzten Studienplätzen. Das Hauptproblem ist, dass die ausbildenden Krankenhäuser und deren Träger gar kein Interesse haben, Ärzt:innen für den niedergelassenen Bereich auszubilden. Sie bilden nur jene Leute aus, die sie selbst brauchen und eben auch nur in der Menge, wie sie diese brauchen. Ähnlich – nämlich primär an die eigenen Bedürfnisse – denken der Wiener Gesundheitsstadtrat Peter Hacker (SPÖ) sowie seine steirische Amtskollegin Juliane Bogner-Strauß (ÖVP), die den Test nicht als einziges Kriterium für die Aufnahme haben wollen, sagten sie am Montag in der „Presse“. Hacker kann sich etwa vorstellen, dass Personen, die als Rettungssanitäter oder Pflegekräfte gearbeitet haben oder ein soziales Jahr absolviert haben, eine geringere Punkteanzahl auf den Test brauchen. Bogner-Strauß will außerdem ehrenamtliche Tätigkeiten sowie Schulnoten einbeziehen.
Harald Mayer, Vizepräsident der Österreichischen Ärztekammer und Bundeskurienobmann der angestellten Ärzte, begrüßt zwar die Signale aus der Politik, die Aufnahmetests zum Medizinstudium breiter diskutieren zu wollen, unterstreicht aber, dass die Anhebung der Studienplätze keinen sinnvollen Lösungsansatz darstellt, um sich einem drohenden Ärztemangel zu widersetzen: „Wir haben grundsätzlich genug Absolventinnen und Absolventen des Medizinstudiums in Österreich. Woran wir wirklich arbeiten sollten, ist nicht, deren Anzahl zu erhöhen, sondern die Qualität der Ausbildung, das Angebot für zeitgemäßere Arbeitszeitmodelle, die Entlohnung und die Wertschätzung zu verbessern.“ Zudem seien Maturant:innen keine Pfleger:innen und Ärzt:innen seien keine Aushilfspflegekräfte. (rüm)