Rekordverlust: ÖGK plant „Maßnahmen zur Kostendämpfung“

© Nudphon - stock.adobe.com

Die ÖGK arbeitet an einem Sparpaket und fordert gleichzeitig mehr Geld vom Bund. Doch auch dort ist bekanntlich Sparen angesagt. Für heuer erwartet die ÖGK jedenfalls ein Rekordminus. 

Die Österreichische Gesundheitskasse (ÖGK) rutscht noch tiefer in Minus als bisher gedacht und nähert sich der Milliardengrenze. Die Kasse prognostiziert in ihrer aktuellen vierteljährlichen Finanzvorschau ein Bilanzdefizit von rund 900 Millionen Euro. Bei einem Gesamtbudget von 21 Milliarden Euro für das Jahr 2025 entspricht das einem Defizit von satten 4,29 Prozent. Als Gründe nennt das ÖGK-Management die schwache Wirtschaftsentwicklung und die steigende Arbeitslosigkeit, den demographischen Wandel und den letztlich dadurch bedingten Rekordanstieg bei Arztbesuchen, kostenintensivere Behandlungen sowie hohe Zahlungen an die Spitäler.

Das Wirtschaftsforschungsinstitut WIFO hat das Wirtschaftswachstum für 2024 nach unten korrigiert, auf ein Minus von 0,9 Prozent. Für 2025 geht das WIFO von einem stagnierenden Wachstum aus. Die Rezession wirke sich unmittelbar auf die Beschäftigung aus – ein entscheidender Faktor für die ÖGK, die als beitragsfinanzierte Sozialversicherung direkt davon abhängig ist.

Die gezielte Verlagerung von Leistungen aus dem Spitalsbereich in den niedergelassenen Bereich entlastet zwar die von Ländern und Gemeinden sowie den Kassen gedeckelt finanzierten Krankenhäuser, koste die ÖGK aber Geld. „Im Jahr 2024 wurden insgesamt 24 neue Primärversorgungseinheiten eröffnet, die Versicherten eine hochwertige Versorgung mit einem breiten Leistungsangebot zu erweiterten Öffnungszeiten bieten. Die Ausgaben für medizinische Versorgung sind in den vergangenen Jahren deutlich gestiegen. Im Vorjahr verzeichnete die ÖGK eine Ausgabensteigerung von 8,3 Prozent im Vertragsarztbereich“, teilt die ÖGK mit. Der medizinische Fortschritt ermögliche zudem neue, aber oft teurere Behandlungsoptionen. „Auch im Bereich der bildgebenden Diagnostik zeigt sich diese Entwicklung: Während in Krankenhäusern um 17 Prozent weniger MR-Untersuchungen durchgeführt wurden, stieg die Anzahl dieser Untersuchungen bei niedergelassenen Ärzten und Instituten in den vergangenen Jahren um 68 Prozent.“ Trotz dieser Leistungsverlagerung in den niedergelassenen Bereich zahle die ÖGK mittlerweile jährlich knapp 6 Milliarden Euro an Spitäler.

Die ÖGK erarbeite deshalb „ein umfassendes Maßnahmenpaket zur Kostendämpfung“, um die finanzielle Stabilität langfristig zu verbessern. Effizienzsteigerungen und gezielte Einsparungen sollen dazu beitragen, die Gesundheitsversorgung auch in Zukunft auf hohem Niveau sicherzustellen. Wie das konkret aussehen soll, sagt die ÖGK nicht. Dennoch sei klar, dass „angesichts der demografischen Entwicklung, der Ambulantisierung und den zusätzlich übernommenen Aufgaben ein zusätzlicher Finanzierungsbeitrag des Bundes unumgänglich ist“, um die langfristige Finanzierbarkeit sowie den nötigen Ausbau der Gesundheitsversorgung sicherzustellen.

Johannes Steinhart, Präsident der Österreichischen Ärztekammer, reagiert auf die ÖGK-Prognose mit wachsender Sorge: „Die Kasse als wichtige Säule der Gesundheitsversorgung wackelt immer weiter. Dabei darf nicht vergessen werden, dass Menschen in wirtschaftlich schlechteren Zeiten mehr Versorgung benötigen.“ Als Sofortmaßnahmen müssten jetzt nachhaltige Effizienzsteigerungen umgesetzt, die Finanzierung abgesichert sowie der einheitliche Leistungskatalog, der von der ÖÄK längst vorgelegt wurde, implementiert werden. Die Verantwortlichen stünden in der Pflicht, das solidarische Gesundheitssystem wieder nachhaltig zu stärken und abzusichern. In allen Bundesländern würden sich die Probleme zuspitzen, in einigen sei die ÖGK als Verhandlungspartner überhaupt inexistent, betont Edgar Wutscher, Vizepräsident der Österreichischen Ärztekammer und Obmann der Bundeskurie niedergelassene Ärzte. „Die Gesundheit darf in diesem politischen Vakuum nicht leidtragend sein, ganz im Gegenteil: Sie muss ganz nach oben auf die politische Agenda“, betont Wutscher. Es sei dringend notwendig, einen Krisengipfel mit allen Vertreter:innen in der Gesundheitspolitik abzuhalten. (rüm)