Hunderttausende Menschen sind in Österreich an Rheuma erkrankt. Expert:innen warnen vor den Auswirkungen aufs Berufsleben und präsentieren Gegenmaßnahmen.
Rund 9,5 Millionen Krankenstandstage im Jahr gehen in Österreich auf Patient:innen mit rheumatoider Arthritis zurück. Ein Drittel der Erkrankten ist außerdem nach fünf Jahren nicht mehr im Berufsleben, Rheuma ist der zweithäufigste Grund für Frühpensionierungen, wie die Österreichische Gesellschaft für Rheumatologie (ÖGR) nun im Vorfeld der Jahrestagung der European Alliance of Associations for Rheumatology (EULAR) bekanntgab. Rund 300.000 Menschen sind in Österreich von der Erkrankung betroffen, global sind es circa fünf Prozent der Weltbevölkerung. „Die Krankheit betrifft Menschen ihr Leben lang“, sagte Helga Lechner-Rader von der ÖGR. Nehme man das degenerative, also das „Abnutzungsrheuma“ hinzu, sei die Zahl der Erkrankten sogar noch wesentlich höher, meinte die Expertin. Abgesehen von den wirtschaftlichen Belastungen, würde Rheuma aber auch das Gesundheitssystem vor große Herausforderungen stellen: Patient:innen mit rheumatoider Arthritis haben ein bis zu 63 Prozent höheres Risiko für einen Herzinfarkt als in der Vergleichspopulation; an Rheuma erkrankte Menschen, die einen Tumor entwickeln, sterben früher als Tumorpatient:innen, die nicht an Rheuma leiden, erläuterte Lechner-Rader. „Dieser Mortality Gap ist noch viel höher ausgeprägt bei Jüngeren und bei Frauen“, erklärte sie.
Die ÖGR fordert deshalb frühe Diagnosen und adäquate Behandlungen. Laut ÖGR-Präsidentin Valerie Nell-Duxneuner liegt das Problem darin, dass es bereits jetzt zu wenige Fachärzt:innen gibt. Für die rund 300.000 Betroffenen stehen nur knapp 300 Rheumatolog:innen zur Verfügung, gleichzeitig droht laut einer Umfrage der ÖGR eine Pensionierungswelle in den nächsten zehn Jahren – 40 Prozent der Spezialist:innen würden in Folge fehlen. Ein Drei-Punkte-Plan soll die Versorgung sichern: Dieser umfasst neben der Nachwuchsförderung eine adäquate Bedarfsplanung und eine Rheuma-Fachassistenz. Für den niedergelassenen Bereich fordert die Organisation einen einheitlichen Leistungskatalog, damit rheumatologische Leistungen überall abgebildet werden. Die Rheuma-Fachassistenz wiederum soll zur Entlastung der Fachärzt:innen beitragen. In den vergangenen 20 Jahren hätte es aber auch enorm viele Fortschritte gegeben, etwa auch aus Österreich wie international angewandte Richtlinien zu Diagnostik und Management von bestimmten rheumatischen Erkrankungen. Weiters könnten durch österreichische Arbeiten zum Thema Früherkennung und rechtzeitige Behandlung Erkrankungen rascher erkannt und behandelt werden und somit irreversible Schäden für Patient:innen abgewandt werden.
Für den EULAR-Kongress kommende Woche in Wien werden indes 14.000 Leute erwartet. 5.000 wissenschaftliche Arbeiten aus Österreich seien eingereicht worden, von denen 90 Prozent angenommen worden seien. 22 Personen aus Österreich würden sprechen. (red/APA)