Im März hat sich die Zahl der in österreichischen Krankenhäusern mit Herzinfarkt aufgenommenen Patienten um etwa 40 Prozent verringert, teilte die Österreichische Kardiologische Gesellschaft (ÖKG) mit.
„Durch Infekte oder Entzündungen wird der Herzmuskel vermehrt belastet, weiters kommt es im Blut zur vermehrten Freisetzung von entzündungsfördernden Substanzen, sogenannten Zytokinen. Wie große Studien bereits gezeigt haben, treten diese beiden Faktoren auch bei einer Covid-19-Infektion auf und können einen Herzinfarkt auslösen oder zumindest begünstigen. Daher ist der zuletzt in Österreich beobachtete Rückgang der Herzinfarktzahlen aus pathophysiologischer Sicht nicht erklärbar, vielmehr wäre sogar ein Anstieg zu erwarten“, unterstrich Bernhard Metzler, Generalsekretär der ÖKG, von der Medizinischen Universität Innsbruck. Die Zahlen wurden in 17 Herzkatheter-Zentren unter Berücksichtigung von etwa 700 Erkrankten ermittelt. Die Daten werden von Metzler demnächst im „European Heart Journal“ publiziert werden.
Der beobachtete Rückgang scheine in Zusammenhang mit dem vermehrten Auftreten von Covid-19 in der österreichischen Bevölkerung beziehungsweise auch indirekt und paradoxerweise mit den seit März verschärften Maßnahmen im öffentlichen Leben einherzugehen. „Die Maßnahmen waren und sind für die Eindämmung der Pandemie sehr wichtig und richtig. Aber es ist natürlich denkbar, dass Patienten ihre Herzinfarkt-Beschwerden nun nicht ernst genug nehmen oder diese nicht dem Herz, sondern einer möglichen Lungenentzündung zuordnen und keine ärztliche Hilfe aufsuchen. Die Angst, sich im Krankenhaus mit Covid-19 zu infizieren sowie Rücksichtnahme auf das öffentliche Gesundheitswesen könnten hier ausschlaggebend sein“, meint Metzler. Eine weitere Erklärung könnten die durch die allgemeinen Beschränkungen reduzierten körperlichen und sportlichen Aktivitäten sein, die damit als mögliche Auslösemechanismen für Infarkte ausfallen. Als dritte mögliche Ursache sieht Metzler, dass „man allenfalls schwer an Covid-19 erkrankte Patienten, deren Todesursache möglicherweise ein Herzinfarkt war, in den vergangenen Wochen nicht als Herzinfarkt-Patienten registriert hat“. (red)