Schlechtes Zeugnis für Gewaltschutz für Frauen

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Der Rechnungshof kritisiert die aktuelle Gewalt- und Opferschutz-Strategie für Frauen und schlägt Maßnahmen vor.

Die MeToo-Bewegung wird zunehmend im Gesundheitswesen Thema. Konkret ging es dabei um Sexismus-Vorwürfe gegenüber Ärzten. Wie RELATUS MED berichtete, steigt in der Ärzt:innenschaft und bei der Ärztekammer langsam das Bewusstsein für das Thema, konkrete Lösungen lassen dennoch auf sich warten. Der Aufholbedarf ist groß – und zwar nicht nur im Gesundheitswesen, sondern in allen Bereichen der Gesellschaft, wie auch der Rechnungshof (RH) findet. In einem aktuellen Bericht kritisiert er das Fehlen einer langfristigen, österreichweiten Gesamtstrategie zum Schutz von Frauen vor Gewalt. „Gewalt- und Opferschutz für Frauen erfordern Bewusstseinsbildung in der gesamten Gesellschaft sowie nachhaltig wirksame und koordinierte Maßnahmen aller Akteure in diesem Bereich“, betonte RH-Präsidentin Margit Kraker. Das Bundeskanzleramt sollte gemeinsam mit den zuständigen Ministerien und den Ländern strategische Schwerpunkte festlegen und verstärkt auch präventive Maßnahmen setzen.

In diesem Zusammenhang empfahl der Rechnungshof in seinem Bericht, die bereits geplanten Gewaltschutzambulanzen zeitnahe umzusetzen. Sie seien „eine niederschwellige und wichtige Möglichkeit, Spuren von Gewalt möglichst schnell und professionell zu sichern“, mit dem Ziel, so eine deutliche Steigerung der Verurteilungsquote zu erreichen. Hierzu befinde man sich in Gesprächen mit Gesundheits-, Innen- und Frauenressort sowie Stakeholdern aus Medizin und Wissenschaft, um die finalen Fragen der Ausgestaltung und Finanzierung zu klären – Einigkeit für eine rasche Umsetzung herrsche in allen Ressorts. Auch Empfehlungen für Schulungen für Richter:innen und Staatsanwält:innen sowie Polizist:innen finden sich in dem Bericht.

Kritisiert wird außerdem die magere Datenlage zum Thema Gewalt an Frauen. Im Justizbereich liegen demnach keine relevanten Zahlen zur spezifischen Gewalt gegen Frauen vor. Zudem führte das Bundeskriminalamt keine Dunkelfeldforschungen zu Gewalt in der Privatsphäre durch. Obwohl ein Großteil der Verletzungen aufgrund häuslicher Gewalt in Spitalsambulanzen oder von niedergelassenen Ärzt:innen behandelt wird, fehlen Daten aus diesem Bereich generell, weil standardisierte Diagnosedokumentationen nur bei stationären Aufnahmen in Krankenhäusern erfolgen. Auch zu den Gesamtausgaben von Bund und Ländern für den Bereich Gewalt- und Opferschutz gibt es keine ausreichenden Zahlen. Nicht ausreichend seien laut RH-Bericht darüber hinaus die Anzahl an Familienplätzen in Frauenhäusern je 10.000 Einwohnern, die Bundesländer würden hier die vom Europarat im Sinne seiner Istanbul-Konvention empfohlene Anzahl nicht erreichen.

Die Oppositionsparteien nahmen den Bericht zum Anlass, um das Gewalt- und Opferschutzkonzept der Regierung zu kritisieren und ebenfalls mehr und bessere Maßnahmen zu fordern. Die Regierungsparteien ÖVP und Grüne wiesen einerseits auf die positiv hervorgehobenen und bereits umgesetzten Strategien: Positiv hebt der RH die rund um die Uhr verfügbare Frauen-Helpline gegen Gewalt hervor. Ebenso, dass Österreich eines der ersten europäischen Länder war, das Maßnahmen zum Schutz vor häuslicher Gewalt gesetzlich regelte. Andererseits heißt es von Seiten der Regierung, dass für 2024 eine qualitative Untersuchung geplant ist. Meri Disoski von den Grünen betont aber auch aber auch „die Wichtigkeit unseres Drängens auf langfristig finanzierte Gewaltschutz- und Gewaltpräventionsmaßnahmen“. Analysiert wurden in dem Bericht die Jahre 2018 bis einschließlich September 2022. (kagr/APA)

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