In der Wiener Ärztekammer geht es weiter hoch her. Kurienobmann Huber verkündete erneut seinen Rücktritt, gleichzeitig verschärft Präsident Steinhart den Ton gegenüber seinen Kritikern.
Der Obmann der Kurie niedergelassene Ärzt:innen in der Wiener Ärztekammer, Erik Randall Huber, hat erneut seinen Rücktritt verkündet. Huber hatte bereits vor Monaten erklärt, dass er gehen wolle, blieb aber nach einem entsprechenden Votum in der Vollversammlung. In dem nun publizierten Schreiben teilt Huber mit, die Funktion mit „sofortiger Wirkung“ zurückzulegen. Huber hatte die Vorwürfe gegen die Beschaffungsplattform Equip4Ordi (E4O) ans Licht gebracht. Bei dieser handelt es sich um eine ausgelagerte Tochtergesellschaft der Kurie niedergelassene Ärzt;innen.
Bei den mutmaßlichen Missständen ermittelt die Staatsanwaltschaft wegen des Verdachts der Untreue, Begünstigung und des schweren Betrugs. Die Vorwürfe richten sich gegen die beiden Ex-Geschäftsführer der Einkaufsplattform und einen Mitarbeiter der Wiener Kammer. Alle drei Beschuldigten behaupten, sie hätten auf Weisung bzw. Genehmigung von Steinhart, der damals Obmann der Niedergelassenen-Kurie war, gehandelt. Steinhart hat dies stets zurückgewiesen und von einer Kampagne gegen seine Person gesprochen, bei der es darum gegangen sein, die Macht in der Kammer zu erlangen. Seit Monaten ermittle in der Angelegenheit die Staatsanwaltschaft, er vertraue der Arbeit der Justiz und unterstütze sie nach Kräften. Und er gehe davon aus, dass sich die Anschuldigungen gegen mich schon bald in Nichts auflösen werden, schrieb Steinhart zuletzt.
Über die neuerliche Rücktrittserklärung Hubers zeigte sich Steinhart erfreut. „Dieser Schritt, den Huber bereits für Sommer 2023 angekündigt hatte, um seiner Abwahl zuvor zu kommen, und den er dann nicht eingehalten hat, lässt eine Rückkehr zu einer besseren Handlungs- und Politikfähigkeit der Wiener Kammer erwarten“, konstatierte der Präsident in einer Aussendung der Wiener Ärztekammer. Huber habe unter anderem seit Monaten versucht, Steinhart in angebliche Ungereimtheiten hineinzuziehen. In einer auf Facebook verbreiteten Mitteilung seiner Fraktion „Vereinigung“ legt Steinhart am Wochenende gegen seine Kritiker nach. „Es ist zu hoffen, dass Hubers mit hunderttausenden Euro Ärztegeld finanzierte Paralleljustiz gegen mich jetzt ein Ende findet. Sie war parteiisch, brachte nichts Relevantes hervor und zielte bloß auf meine Vorverurteilung ab.“ Huber wies die Vorwürfe gegenüber RELATUS zurück: „Weder sind es hunderttausende Euro, noch handelt es sich um Paralleljustiz.“ Es gehe um Erhebungen im Rahmen der Schadenersatzforderungen und der Abwehr von Forderungen in Rahmen von Entlassungen, schrieb er und wiederholte umgekehrt seine Vorwürfe in Bezug auf die Tochterfirma.
Bereits vor Hubers Rücktritt hatten Steinhart und sein Vorgänger Thomas Szekeres den durch den aktuellen internen Konflikt entstandenen „Imageschaden“ in der Standesvertretung beklagt. Der Grund liegt laut Szekeres im „destruktiven“ Verhalten einiger Funktionäre, Steinhart sprach von einer „kleinen Gruppe von Funktionären“, die den Präsidenten „wegschieben“ wollten. Er lade alle „konstruktiven“ Kräfte ein, an einer funktionierenden Kammer zu arbeiten. Steinhart betonte, das Bild, das die Wiener Ärztekammer in der Öffentlichkeit abgebe, sei „katastrophal“. Sowohl die Mitglieder als auch die Mitarbeiter:innen hätten Besseres verdient. Von einer kleinen Gruppe seien ununterbrochen rote Linien überschritten worden – etwa Anschuldigungen, er habe ein antidemokratisches Verhalten an den Tag gelegt – „und man wird in die Nähe von Faschismus und Korruption gerückt“.
Dass sich wesentliche Teile der von ihm geschmiedeten Koalition – darunter Huber – gegen ihn gewandt haben, treffe ihn hart, räumte er ein: „Es geht einem gotterbärmlich schlecht. Mir tut das sehr weh, nicht nur persönlich, sondern weil ich an eine andere Ärztekammer glaube.“ Er habe nicht fast die Hälfte seines Lebens in der Kammer verbracht, „um dann mit so einem Ergebnis dazustehen“. Man habe „viel erreicht“, nicht gelungen sei aber bisher, die Kammer an die nächste Generation zu übergeben – „das hat nicht funktioniert“. Seiner und auch der Wunsch von Szekeres sei es, „dass man das in gute, neue Wege – weibliche Wege – gibt“. Auch verwies Steinhart darauf, dass er und Szekeres in der Vergangenheit bei aller Konkurrenz stets den Respekt und die gegenseitige Wertschätzung gewahrt hätten. Ebendieser Stil sei seit „mehreren Monaten“ keine Selbstverständlichkeit mehr. Szekeres, der selbst mit Anzeigen konfrontiert ist, seit er Steinhart unterstützt, sah das ähnlich: Es gehe dabei um die persönliche Diffamierung und um die gewünschte Abwahl von Steinhart, sagte auch er.
Wiens Gesundheitsstadtrat Peter Hacker (SPÖ) zeigte sich am Wochenende beim Fernsehsender ATV im Interview verärgert: „Ich finde, die Ärztinnen und Ärzte, die einen guten Job machen und jeden Tag für die Gesundheit der Wienerinnen und Wiener arbeiten, die hätten sich auch eine würdevolle Ärztekammer-Vertretung verdient und nicht so ein Kasperltheater, das wir dann täglich in der Zeitung lesen müssen.“ (rüm)