Sommergespräche: Das fordert der grüne Gesundheitssprecher für den Herbst  

Das Nachrichtenportal RELATUS MED nutzt die Sommerpause für Interviews mit den Gesundheitssprechern der Parlamentsparteien. Grüne-Mandatar Ralph Schallmeiner will niedergelassene Ärzte mit Schutzausrüstung ausstatten.

Welche Reformen muss der Herbst im Gesundheitsbereich bringen? Die Corona-Ampel samt Kommission muss fertig implementiert werden, ebenso müssen wir die Psychotherapie auf Krankenschein fertig auf den Weg bringen. Beides sind Vorhaben, die direkt mit COVID-19 in Verbindung stehen. Worüber wir zusätzlich diskutieren müssen: wie können wir das nichtärztliche medizinische Personal aufwerten – nicht nur was die Entlohnung anbelangt. Ebenfalls müssen wir uns darüber unterhalten, wie wir die einzelnen Teile unseres Gesundheitswesens besser ineinander verzahnen – also niedergelassener Bereich, Ambulanzen, Krankenhäuser, Apotheken, usw. müssen noch besser ineinander greifen. Mehr Telemedizin, bessere Anreize zum Impfen, mehr Aufklärung zum Thema Impfschutz.

Was denken Sie über die Corona-Gefahr? Das Thema wird uns wohl noch länger begleiten, leider. Die Maßnahmen der Regierung sind und waren im Großen und Ganzen adäquat und passend. Insbesondere im Gesundheitsbereich wurde angesichts der Herausforderung und der Rahmenbedingungen sehr gut reagiert und Österreich bisher gut durch die Krise gebracht. Vor allem – und das ist mir wichtig – wurden auch eine ansprechende Fehlerkultur, evidenzbasiertes Handeln und ein aktives Einbinden der Expertinnen und Experten wieder implementiert.

Wie wirkt sich Corona auf die Hausärzte aus? Wir haben einerseits gesehen, wie wichtig aber auch wie verwundbar der Bereich der niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte ist. Die Hausärztinnen und -ärzte haben großartiges in der Krise geleistet. Dabei hat sich bestätigt, die wichtig Telemedizin ist, und dass sie unbedingt ausgebaut werden muss. Dabei geht es um Fragen wie die elektronische Krankschreibung und das e-Rezept. Ebenfalls müssen wir mehr als bisher drauf achten, dass die Hausärztinnen und -ärzte, aber auch die anderen niedergelassenen Medizinerinnen und Mediziner ausreichend mit Schutzausrüstung ausgestattet werden. Für die Abgeltung des Mehraufwandes und der Einkommensverluste durch COVID-19 werden wir im Herbst sicher auch noch ein gute Lösung finden.

Kann die Wirkstoffverschreibung Lieferengpässe lösen? Das kommt immer auf das Modell einer Wirkstoffverschreibung an. In Summe muss man sich in der nun kommenden Debatte überlegen welche Effekte besonders wichtig sind, und entsprechende Modelle entwickeln: geht es um Engpässe oder um Kosten? Genauso ist ein Aspekt, ob man die Berufsgruppe der Apotheker und Pharmazeuten faktisch aufwertet, und das alles unter dem Eindruck der bestmöglichen und vor allem sicheren Versorgung der Patientinnen und Patienten. Am Ende ist es eine Frage des Modells und der Schwerpunktsetzung. Aber ich erwarte mir hier vor allem bei den dauernd knappen Medikamenten und Präparaten eine gewisse Entspannung.

Wie stehen Sie zur aktuellen Impfdebatte und der Diskussion über die Grippeimpfungen im Herbst? Ich hoffe, dass angesichts der Corona-Pandemie sich mehr Menschen als bisher impfen lassen. Ich jedenfalls werde mich sowohl gegen Influenza impfen lassen, als auch meinen generellen Impfstatus abchecken lassen. Insgesamt müssen wir als Politik vermehrt über Impfen aufklären und diese wichtige Präventionsmaßnahme verstärkt in den öffentlichen Fokus rücken. Impfen wirkt, und impfen sollte niederschwelliger angeboten, leichter verfügbar und als Teil einer allgemeinen Präventionsstrategie gratis zumindest für all jene, die finanziell nicht gut dastehen angeboten werden. Eine allgemeine Impfpflicht ist aber keine Option, weil diese kontraproduktiv ist. Eine gute, fundierte Aufklärung bringt mehr und wird am Ende die Impfskepsis sinken lassen.

Wie soll es weitergehen mit der Kassenreform? Bringen wir einmal die bisherige fertig über die Bühne. Es hat keinen Sinn alle Jahre wieder zu reformieren und herumzudoktern. Einzig in der Frage der Selbstverwaltung plädiere ich dafür die herbeigeführten Mehrheitsverhältnisse zu kippen. Die Mittel werden vor allem von den Arbeitnehmern entrichtet, also sollen auch diese selber im Rahmen der Selbstverwaltung entscheiden wofür diese Mittel eingesetzt werden. Wichtiger wird aber wohl am Ende des Tages die Frage der Finanzierung werden. Wir müssen dafür sorgen, dass die Kassen ausreichend durch Versicherungsbeiträge finanziert werden. Unser Vorschlag dafür auch Einkommen aus Vermögenszuwächsen, aus Aktien und dergleichen, sowie aus Vermietung und Verpachtung ab einer gewissen Höhe heranzuziehen, ist bekannt. Wir sind aber generell gesprächsbereit, auch andere Modelle anzusehen, so lange klargestellt ist, dass alle ihren Anteil leisten und klar ist, dass es zu keinen Leistungskürzungen kommt. Ebenso steht ein Wechsel von der Pflichtversicherung zur Versicherungspflicht für uns nicht zur Debatte.

Ralph Schallmeiner im Word-Rap mit Ja/Nein-Antwortmöglichkeiten

  • Ausbau der Telemedizin – JA
  • Facharzt für Allgemeinmedizin – JA
  • Ausstattung von Ordinationen mit Schutzausrüstung durch öffentlichen Hand – JA
  • Ausbau der Primärversorgungseinheiten – JA
  • Bundeszuschüsse für Krankenversicherungen – JA
  • Corona: Die Sorge vor dem Virus ist übertrieben – NEIN
  • Corona: Das Virus wird von vielen Menschen unterschätzt – NEIN
  • Es braucht allgemeinmedizinische Ambulanzen vor den Spitälern – *)
  • Hausärzte müssen für den Corona-Aufwand entschädigt werden – *)
  • Wirkstoffverschreibung *)
  • Generelle Impfpflicht? – NEIN
  • Impfpflicht nur für Gesundheitsberufe – JA
  • Impfaufklärung durch Hausarzt – JA (verpflichtend), durch Hausarzt: NEIN **)
  • Nur Ärzte sollen Impfen dürfen – *)
  • Auch Apotheken sollen impfen – *)
  • Erhöhung der Apothekenspannen – NEIN

*) Bei vielen Dingen stehen wir am Anfang einer Diskussion. Wenn ich „ja“ oder „nein“ sage, greife ich der Diskussion mit den politischen Akteuren nicht vorgreifen.

**) kann auch wer anderer machen

Das Interview führte Martin Rümmele

 

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