Die Sozialversicherung wird ihre verschobene Gebarungsvorschau für die Jahre 2020 bis 2024 erst im August vorlegen. Der Wiener Gesundheitsstadtrat Peter Hacker (SPÖ) warnt bereits vor dramatischen finanziellen Auswirkungen durch pandemie-bedingte Mehrausgaben und Rückgänge bei Sozialversicherungsbeiträgen.
Derzeit sei aufgrund der Coronakrise keine seriöse Einschätzung zu treffen, wie sich die Jahre 2020 bis 2024 für die Krankenversicherungen entwickeln, sagte der Vorsitzende der Konferenz der Sozialversicherungsträger, Peter Lehner. Klar sei aber, dass die Sozialversicherungen in Summe „stabil“ seien. Bei der monatlich stattfindenden Sitzung der Sozialversicherungsträger-Konferenz wurde nun von allen zehn im Dachverband vertretenen Obleuten und deren Stellvertreter übereinstimmend beschlossen worden, dass eine Vorlage der aktuell verfügbaren Zahlen „nicht valide und unseriös“ wäre, sagte Lehner. Denn es bestünden wegen der Auswirkungen der Coronakrise derzeit sowohl auf der Einnahmenseite wie auch auf der Kostenseite zu viele Unbekannte.
„Keiner weiß, wie es mit der Zahl der Arbeitslosen und dem Hochfahren weitergeht“, ebenso unklar sei, ob es eventuell zu einer zweiten Welle kommt oder zu größeren regionalen Einschränkungen. „Das ist auf kurze Frist nicht abschätzbar.“ Daher habe man sich bei der Sitzung darauf geeinigt, eine Arbeitsgruppe der fünf Generaldirektoren zu installieren, die die Aufgabe haben, im August valide Daten zu liefern. Mit diesem Ergebnis werde man dann in die Gespräche mit dem Finanzminister und dem Gesundheitsminister gehen, um zu erörtern, was das für die Sozialversicherung bedeutet. Bereits jetzt sehe man aber „eine gewisse Beruhigung der Lage“: es zeichne sich bereits ein Rückgang der Arbeitslosigkeit ab, die Beitragsentwicklung sei besser als prognostiziert. Ein Unsicherheitsfaktor seien die Stundungen, hier wisse man nicht, wie viel von diesen Geldern dann zurückkommt. Auch sei unklar, ob es im Herbst vermehrt zu Insolvenzen kommen wird oder nicht, sagt der Vize-Obmann der Österreichischen Gesundheitskasse (ÖGK), Andreas Huss. Bei der ÖGK betrugen die Stundungen laut Huss mit Ende Mai rund 400 Millionen Euro, im gesamten Sozialversicherungsbereich sind es zwei Milliarden, rechnete Huss am Sonntag in der Zeit im Bild 2 im ORF vor. Dazu kommen für die ÖGK fehlende Einnahmen in der Höhe von 400 Millionen durch die gestiegene Arbeitslosigkeit. Die Regierung müsse den Kassen das fehlende Geld ersetzen, um Leistungen aufrechterhalten zu können.
Besorgt auch der Wiener Gesundheitsstadtrat Peter Hacker (SPÖ). Er sieht dramatische Auswirkungen durch die durch das Coronavirus bedingte Wirtschaftskrise auf die Finanzierung des österreichischen Gesundheitssystems zukommen. So gebe es einerseits Mehrausgaben bedingt durch die Pandemie, andererseits würde die ÖGK große Einnahmenverluste verzeichnen. Er fordert ein Hilfspaket. „Es wird wirklich höchste Zeit, dass ernsthafte Gespräche beginnen über ein Hilfspaket für das Gesundheitssystem in Österreich. Die Gespräche müssen jetzt beginnen, nicht im Herbst und schon gar nicht im Winter“, forderte der Stadtrat. „Wir können damit rechnen, dass die Sozialversicherung heuer schon einen Verlust haben wird von mehr als 1 Mrd. Euro, was selbstverständlich, wenn nichts passiert, Auswirkungen haben wird auf das gesamte Gesundheitssystem in unserer Republik.“ Hintergrund ist, dass rund ein Drittel der Einnahmen der ÖGK pauschaliert zur Spitalsfinanzierung an die Länder gehen. Sinken die Einnahmen der Kassen, gehen auch die Zahlungen an die Spitäler zurück. (red)