Soziale Probleme durch Krebserkrankungen

© OeGHO/APA/Hörmandinger

Der Krebsreport 2024 berichtet von gravierenden Folgen der Erkrankung im sozialen und beruflichen Bereich. Jetzt wurden Forderungen präsentiert.

Jedes Jahr erkranken in Österreich über 44.000 Menschen an Krebs, rund 440.000 Personen leben mit einer Krebsdiagnose, Tendenz steigend. Die Behandlung von Krebs ist hochkomplex, sehr dynamisch und erfordert das Zusammenspiel vieler Disziplinen und aller Ebenen des Gesundheitssystems. Die Krebsversorgung muss daher laufend an die wachsende Zahl an Patient:innen und den medizinischen Fortschritt angepasst werden, erklärten Expert:innen am Dienstag vor Journalisten in Wien bei der Präsentation des Österreichischen Krebsreportes 2024. Sie forderten, dass krebskranke Menschen mehr psychische und soziale Unterstützung brauchen. Neben einer optimalen medizinischen und pflegerischen Versorgung von Krebspatient:innen bedürfe es mehr Aufmerksamkeit für die soziale und psychische Belastung erkrankter Menschen – dies werde leider oftmals unterschätzt, betonte Ewald Wöll, Präsident der Österreichischen Gesellschaft für Hämatologie und Medizinische Onkologie (OeGHO).

Laut dem Krebsreport haben viele Betroffene Angst vor einem Wiederauftreten der Erkrankung nach einer Behandlung, Fortschreiten der Krankheit sowie Tod durch Krebs, sagte Paul Sevelda von der Österreichischen Krebshilfe. Deshalb sollte zum Beispiel psychoonkologische Behandlung durch öffentliche Gelder gewährleistet werden. „Vierzig Prozent der Menschen, die an Krebs erkranken, sind im erwerbsfähigen Alter zwischen 15 und 65 Jahren”, berichtete Kathrin Strasser-Weippl vom Zentrum für Onkologie und Hämatologie des Wilhelminenspitals in Wien. Nach zwei Jahren sind knapp ein Viertel (23 Prozent) der Betroffenen, die von Krebs geheilt wurden, nicht mehr berufstätig. „Die Wahrscheinlichkeit, nach einer Krebsdiagnose erwerbstätig zu bleiben oder wieder ins Berufsleben zurückzukehren, ist stark vom Erkrankungsalter abhängig. Besonders für Krebserkrankte ab dem 50. Lebensjahr ist eine Pensionierung innerhalb von zwei Jahren deutlich wahrscheinlicher als für Personen ohne Krebserkrankung. Das geht aus einer Analyse hervor, für die wir erstmals Daten des Nationalen Krebsregisters mit Arbeitsmarktdaten zusammengeführt und ausgewertet haben,“ rechnete Monika Hackl, Leiterin des österreichischen nationalen Krebsregisters von Statistik Austria vor.

Damit die Menschen aufgrund einer Krebserkrankung nicht den Arbeitsplatz verlieren, sei ein effektiver Kündigungsschutz im Krankenstand für Krebspatient:innen vonnöten. Ein stufenweiser Wiedereinstieg in das Berufsleben sei zwar schon seit mehreren Jahren möglich, und wurde ab 2018 von 3.800 Menschen in Anspruch genommen, erklärte Sevelda. Er sei aber freiwillig und für Dienstgeber nicht verpflichtend. Um Krebspatient:innen zu helfen, die durch die Krankheit unverschuldet in finanzielle Schieflage geraten sind, habe man vor zehn Jahren einen Soforthilfe-Fonds eingerichtet, berichtete Sevelda.

Für Betroffene, bei denen eine Heilung nicht mehr möglich ist, müsse man die Hospiz- und Palliativversorgung dringend ausbauen, sagte Eva Katharina Masel Vorstandsmitglied der Österreichischen Palliativgesellschaft (OPG) und der Österreichischen Krebshilfe. Dafür wurden zwar bis dato 108 Millionen Euro an die Bundesländer ausgezahlt, erklärte sie. Im Burgenland, in Kärnten, Nieder- und Oberösterreich, Tirol und Vorarlberg würden damit die stationäre und mobile Palliativ- und Hospizbetreuung erweitert oder zumindest der Bedarf dafür erhoben. Was mit dem Geld passierte, sei aber nicht überall nachvollziehbar, hieß es. Aus den anderen drei Bundesländern habe man nämlich auf Anfrage keine Information erhalten, wofür das vom Bund überwiesene Geld genutzt würde.

Der 4. Österreichische Krebsreport wurde von der Österreichischen Krebshilfe und der Österreichischen Gesellschaft für Hämatologie und Medizinische Onkologie (OeGHO) unter der wissenschaftlichen Leitung von Kathrin Strasser-Weippl erstellt. (rüm/APA)

Service: Krebsreport