Blockaden innerhalb der Regierungsparteien treffen auch die Sozialversicherung. Die ÖVP bremst bei der Umsetzung eines VfGH-Urteils. SV-Beschlüsse könnten deshalb nachträglich gekippt werden.
Der Rechnungshof kritisiert die Bundesregierung für die fehlende Umsetzung eines zentralen Urteils des Verfassungsgerichtshofes in Sachen Kassenreform. In seinem Erkenntnis vom 13. Dezember 2019 zur Kassenreform von ÖVP und FPÖ hob der VfGH unter anderem die gesetzlichen Bestimmungen zur Entsendung der Mitglieder der Verwaltungskörper der BVAEB ohne Setzung einer Reparaturfrist auf. Was wie eine Nebensache im Gesamturteil zur Kassenreform wirkte und öffentlich auch in Vergessenheit geriet, kann nun dramatische Folgen haben.
Die Reform von ÖVP und FPÖ sah vor, dass insbesondere in die Verwaltungskörper der BVAEB die Dienstnehmervertretung von der damaligen Sozialministerin auf Vorschlag des ÖGB im Einvernehmen mit der in Betracht kommenden Gewerkschaft zu entsenden war. Hintergrund war die Fusion der von roten Eisenbahnern geprägten VAEB mit der von schwarzen Beamten geprägten BVA. Durch die Fixierung der Sozialministerin gab es in der BVAEB eine schwarze Mehrheit. Der VfGH argumentierte allerdings, dass der Sozialministerin keine demokratische Legitimation zukomme, Dienstnehmerinteressen zu vertreten. Die Folge wäre gewesen, dass nicht nur die Mehrheit im Verwaltungskörper und der Vorsitz der BAVEB gekippt wäre, sondern es auch relevante Verschiebungen in der Konferenz der Sozialversicherungsträger – dem zentralen Gremium im Dachverband gegeben hätte.
Die Kritik des Rechungshofes nun: „In weiterer Folge bestand keine einheitliche Ansicht zur Frage, ob die – von den verfassungswidrig zusammengesetzten – Verwaltungskörpern gefassten Beschlüsse gültig seien.“ Das Sozialministerium hat zwar einen Entwurf für eine Gesetzesnovelle ausgearbeitet, er ist aber noch nicht im Prozess der Gesetzwerdung. „Laut Stellungnahme des Sozialministeriums habe es bereits einen dem Erkenntnis des VfGH entsprechenden Gesetzesentwurf ausgearbeitet. Es sei jedoch bisher keine politische Einigung zur Umsetzung erzielt worden“, schreibt der Rechnungshof in seinem aktuellen Bericht. Das Ministerium will die Entwicklung selbst gegenüber RELATUS nicht kommentieren, aus der Sozialversicherung selbst ist zu hören, dass die ÖVP bremst. (rüm)