Die Wiener Ärztekammer legt eine neue Umfrage vor, wonach der Ärger der Spitalsärzt:innen in der Bundeshauptstadt noch weiter gestiegen ist.
Nach 42 Prozent im Vorjahr sind nun in der Spitalsumfrage 2023 der Wiener Ärztekammer schon 66 Prozent der Befragten mit der Politik von Wiens Gesundheitsstadtrat Peter Hacker (SPÖ) „gar nicht“ oder „eher nicht“ zufrieden, hieß es in einer Pressekonferenz. Mit Hackers Performance „sehr zufrieden“ war demnach niemand. Sein Notenschnitt fiel von 3,9 auf 4,3 auf der fünfstufigen Skala. Am 4. Dezember treffen sich die Ärzt:innen in der Wiener Innenstadt zu einem Protestmarsch.
Am negativsten (mit 73 Prozent) wurde Hacker in den Spitälern des Wiener Gesundheitsverbunds (Wigev) bewertet. Auf den Wert von 66 Prozent Unzufriedenheit kam er im AKH, auf 59 Prozent in den Ordensspitälern. Online befragt wurden 1.887 Mediziner:innen im August und September (maximale Schwankungsbreite +/- 2,3 Prozent), und zwar repräsentativ für die verschiedenen Spitalsträger, wie Meinungsforscher Peter Hajek betonte.
Mit der Unternehmensführung waren 61 Prozent unzufrieden (72 Prozent im Gesundheitsverbund), und 90 Prozent haben Verständnis dafür, dass Ärzt:innen kündigen (89 Prozent bei Pflegekräften). 43 Prozent der Wigev-Ärzt:innen erlebten die Spitalsinfrastruktur als belastend, 60 Prozent die IT-Ausstattung. Es seien keine Lösungen in Sicht, dem Spitalspersonal werde keine Perspektive vermittelt, klagte der Wiener Ärztekammer-Vizepräsident Stefan Ferenci. Man kämpfe für ein öffentlich finanziertes solidarisches Gesundheitssystem, unterstrich er. Das Personal müsse dafür aber marktkonform, leistungsgerecht und verantwortungsgerecht bezahlt werden.
Er stimme Gesundheitsminister Johannes Rauch (Grüne) zu, dass Reformen notwendig seien, sagte er zu den Turbulenzen um die von Bundesregierung geplante Gesundheitsreform. Die Politik finde aber oft nicht die richtigen Antworten. Dass die Kammer beim Gesamtvertrag mit der Kasse weiter mitbestimmen können will, verteidigte Ferenci. Dieser sei als „Schutzmechanismus“ gegenüber dem Monopol der Sozialversicherung geschaffen worden. „Den aufzumachen, ist ein Sündenfall.“ Der Wiener Ärztekammer-Präsident Johannes Steinhart fordert von der Wiener Stadtregierung einen Wiener Gesundheits- und Spitalsgipfel zur Lösung der anstehenden Probleme im Wiener Spitalswesen: „Der Aufschrei der Wiener Spitalsärztinnen und -ärzte über ihre unzumutbare Arbeitsbelastung, die unvermeidbar auch negative Einflüsse auf die Qualität der Versorgung von Patientinnen und Patienten mit sich bringt, ist mehr als berechtigt. Sie alle haben ein Recht darauf, dass möglichst rasch Lösungen gefunden und Verbesserungen geschaffen werden.“
Seit dem letzten Gipfel im vergangenen Februar, so Steinhart, „ist de facto nichts weiter gegangen, es herrscht Stillstand. Dass wertvolle Zeit für sinnvolle Maßnahmen im Spitalswesen verlorengeht, ist weder Patientinnen und Patienten noch Ärztinnen und Ärzten zumutbar.“ Verschärfend komme dazu, dass die Ergebnisse der Finanzausgleichs-Verhandlungen (Art. 15a Vereinbarung) schon deshalb keine wirksame Entlastung für die Spitäler erwarten lassen, weil der von der Politik vielfach propagierte Ausbau des niedergelassenen ärztlichen Bereichs „nicht in Sicht ist“, kritisiert Steinhart. (rüm)