SPÖ-EU-Kandidat Schieder: „Europaweite Ausbildungsoffensive“

© Sebastian Philipp

Die EU-Wahl rückt näher und auch das Thema Gesundheit ist mittlerweile aus dem europäischen Kontext längst nicht mehr wegzudenken. Relatus MED hat die Spitzenkandidat:innen der Parteien zu den drängendsten Herausforderungen befragt.

Ärztinnen und Ärzte kämpfen hierzulande immer wieder mit Medikamentenengpässen oder Lieferverzögerungen sowie Abhängigkeiten bei der Produktion von Arzneimitteln. Lassen sich diese Probleme besser nationalstaatlich, oder auf EU-Ebene lösen? Die Europäische Union muss ihre strategische Unabhängigkeit stärken, damit es zu keinen Engpässen bei Grundmedikamenten und lebensrettenden Medizinprodukten kommt – dazu gehören sichere Lieferketten wie auch die Förderung von Wettbewerbsfähigkeit, Innovation und Forschung für eine nachhaltige pharmazeutische Industrie in Europa.

Ist die EU nach der Covid-Pandemie auf eine nächste derartige Herausforderung mittlerweile vorbereitet? Die Corona-Pandemie hat aufgezeigt, wie zentral die öffentliche Gesundheitsversorgung und der Zugang zu Arzneimitteln gerade in Krisenzeiten sind. Daher müssen Bestrebungen zu Privatisierungen auch in Gesundheitssystemen europaweit zurückgedrängt werden. Ziel ist es, die Gesundheit unserer Bürger:innen zu schützen und die Belastbarkeit der europäischen Gesundheitssysteme zu verbessern.

Eines der gravierendsten Probleme ist aktuell der Mangel an Gesundheitspersonal quer durch Europa. Welche europäischen Initiativen zur Lösung dieses Problems sehen Sie? Es ist erforderlich, europaweit Ausbildungsoffensiven zu starten. Fördermöglichkeiten und insbesondere kostenfreie Ausbildungen sowie Durchlässigkeit zwischen den Gesundheitsberufen sollten daher innerhalb der EU einheitlich erfolgen. Auch die gegenseitige Anerkennung von Ausbildungen zwischen den Staaten muss einheitlich geregelt werden. Darüber hinaus wäre es wünschenswert, wenn die Europäische Kommission Vorschläge vorlegen würde, wie die Anwerbung von Arbeits- und Fachkräften gemeinschaftlich für ganz Europa gelingen kann. Zum einen, um den anlaufenden Wettbewerb der Mitgliedsstaaten um Arbeits- und Fachkräfte zumindest in Bahnen zu lenken, zum anderen, um gemeinsame arbeits- und sozialrechtliche Standards für ganz Europa für neu aufgenommene qualifizierte Arbeits- und Fachkräfte zu erreichen.

Welche Folgen erwarten Sie durch die Einführung des „European Health Data Space“? Der Aufbau des europäischen Raums für Gesundheitsdaten wird noch erhebliche Entwicklungsarbeiten erfordern. Im Vordergrund muss jedoch die Datensicherheit für solch sensible Daten gesichert sein. Der sichere Austausch, die sichere Nutzung und Weiterverwendung von Gesundheitsdaten zum Nutzen von Patient:innen, Forschenden, Innovatoren und Regulierungsbehörden muss gewährleistet werden. Der europäische Raum für Gesundheitsdaten muss daher zur Berücksichtigung der Sensibilität von Gesundheitsdaten zusätzliche, sektorspezifische Vorschriften enthalten.

Gesundheit fällt innerhalb der EU nach wie vor in nationale Zuständigkeiten. Soll sich das ändern? Nein. Eine Verbesserung der Zusammenarbeit und Koordinierung vor allem im Bereich der Versorgungssicherheit mit Arzneimittel ist jedoch wünschenswert. (Das Interview führte Evelyn Holley-Spiess)