Staatsanwaltschaft besuchte Ärztekammer

Die Wiener Ärztekammer hat am Montagvormittag in der Affäre um mutmaßliche Missstände in einer Tochtergesellschaft Besuch von der Staatsanwaltschaft bekommen.

Im Zusammenhang mit den bereits wochenlangen Vorwürfen rund um die „ÄrzteEinkaufsService – Equip4Ordi GmbH“ (E4O) laufe eine von der Wiener Anklagebehörde angeordnete Sicherstellung elektronischer Geräte und Datenträger, bestätigte am Montag ein Sprecher der Wiener Ärztekammer auf Anfrage der Austria Presse Agentur eine auf Twitter verkündete Meldung der Rechercheplattform dossier.at. Davon betroffen sei ein inzwischen entlassener Kammermitarbeiter und Vertrauter von Präsident Johannes Steinhart sowie einer der beiden E4O-Geschäftsführer, der auch für die Kammer tätig war. Der Sprecher der Wiener Ärztekammer betonte, dass man mit der Staatsanwaltschaft kooperiere und alle Daten zur Verfügung stelle.

Die Staatsanwaltschaft hatte bereits Mitte Februar die Sicherstellung der Handys und Laptops der Beschuldigten sichergestellt. Gegen die beiden Geschäftsführer der E4O und den Kammermitarbeiter wurde bisher wegen des Verdachts der Untreue bzw. der Begünstigung ermittelt. Am Dienstag wurde bekannt, dass die Staatsanwaltschaft Wien ihren Verdacht von Untreue und Begünstigung auf „schweren Betrug“ ausgeweitet, wie aus der Anordnung der am Montag durchgeführten Durchsuchung der Räumlichkeiten der Ärztekammer hervorgeht.

Für Mittwochabend ist eine weitere Sitzung der Kurie der niedergelassenen Ärzte angesetzt. Bei dieser Sitzung der Kurie, deren Tochtergesellschaft die inzwischen aufgelöste E4O war, wird es aller Voraussicht nach um die Funktion von Kurienobmann Erik Randall Huber gehen, der die Affäre an die Öffentlichkeit und den Präsidenten der Wiener und der Österreichischen Ärztekammer, Johannes Steinhart, damit in Verbindung gebracht hat. Steinhart war in der Zeit der mutmaßlichen Missstände Kurienobmann und ihm wird von den drei Beschuldigten in der Causa vorgeworfen, sie hätten auf Weisung bzw. mit Genehmigung Steinharts gehandelt.

Bei einer Kuriensitzung vor knapp drei Wochen war bereits ein Misstrauensantrag der Vertrauten Steinharts und dessen ÖVP-naher „Vereinigung Österreichischer Ärzte“, der auch Huber angehört, gegen Huber eingebracht worden. Huber war damals seiner Abwahl entgangen, indem er eine Abstimmung darüber verhindert und diesen Punkt von der Tagesordnung genommen hatte. Laut den Statuten der Kurie ist dies aber ein zweites Mal nicht möglich, deshalb sei davon auszugehen, dass bei der Sitzung am Mittwochabend eine mögliche Abwahl Hubers neuerlich zur Diskussion stehen wird, berichtet die APA.

Dies nennt auch die Staatsanwaltschaft in der Begründung für ihre am Montag durchgeführte Durchsuchung der Räumlichkeiten der Wiener Ärztekammer. „Aus politischen Gründen verweigere die Ärztekammer derzeit den mit der Aufklärung beauftragten Personen den Zugang zu diesen Laufwerken/Geräten“, schreibt die zuständige Staatsanwältin in der der APA vorliegenden Anordnung, über die auch die Rechercheplattform dossier.at berichtete. Kammeramtsdirektor Thomas Holzgruber soll gesagt haben, „das geben wir sicher nicht her“, wird ein Zeuge in der Anordnung zitiert. Diese Darstellung wies Holzgruber entschieden zurück: „Ich bin persönlich noch immer fassungslos und persönlich ganz schwer erschüttert und auch sprachlos, was hier behauptet wird“, hieß es in einer Stellungnahme Holzgrubers gegenüber der APA. „Nachdem aktuell vonseiten des Präsidenten und seiner politischen Unterstützer eine organisierte ›Vertuschungsaktion‹ laufe, bei der ab dem 29. März 2023 die Aufklärer aus ihren Positionen entfernt werden, (…) bestehe die akute Gefahr, dass in Kürze weitere Beweismittel vernichtet oder unzugänglich gemacht werden“, heißt es weiter in der Durchsuchungsanordnung. Für alle Beteiligten gilt die Unschuldsvermutung.

Nachtrag 30.3.: Misstrauensantrag gegen Huber gescheitert

Der Kurienobmann der Wiener Ärztekammer Erik Randall Huber bleibt vorerst im Amt. Ein Misstrauensantrag erhielt in einer Kuriensitzung in der Nacht auf Donnerstag nicht die erforderliche Zweidrittelmehrheit, wie ein Kammer-Sprecher der APA sagte. Huber kündigte aber an, sich in einigen Monaten aus freien Stücken selbst zurückziehen zu wollen, wie er dem ORF-Radio Ö1 bestätigte. (APA)