Warum es gänzlich neue Konzepte in der Organisation des Gesundheitswesens braucht und ein mehr der alten Wege nicht ausreichen wird.
Die Beschäftigten im Gesundheitswesen sind am Limit. Die Situation ist tatsächlich oft noch schlimmer, als sie in der Öffentlichkeit diskutiert wird. Die Standardfloskel, dass eben jüngere Generationen von Beschäftigten andere Bedürfnisse haben, stimmt zwar, sie geht aber am Problem vorbei. Und das bedeutet, dass wir das Gesundheitswesen zunehmend wie eine Industrieproduktion organisiert haben. Mit dem Ziel, Kosten zu senken (im öffentlichen Bereich) und Gewinne zu erhöhen (im privaten Sektor).
Die Maßnahmen waren jeweils ident und wurden privaten Unternehmen wie öffentlichen Einrichtungen auch von den gleichen Berater:innen vorgeschlagen: Mit möglichst geringen Kosten, möglichst viel produzieren. Und im personalintensiven Gesundheitsbereich bedeutet das: Personalpläne optimieren, Personal effizient einsetzen, Patient:innen möglichst rasch wieder heimschicken und wenig Zeit für den einzelnen Menschen aufwenden. Doch das Gesundheitssystem ist keine Autofabrik, wo man einfach das Fließband schneller oder im Mehrschichtbetrieb laufen lassen kann. Oder wo man statt zehn verschiedenen Farben nur noch Autos in vier Farben – rot, weiß, grau und schwarz – erzeugt und allen den gleichen Motor einbaut. Man kann auch die „Produktion“ nicht nach Kosten und Absatzzahlen bewerten – Gesundheit und die Versorgung von Menschen funktionieren deutlich komplexer. Weil Menschen komplexer sind und weil – gerade Kranke – bedürftig sind.
Natürlich kann der Einsatz von Technologie die Menschen im Gesundheitswesen entlasten. Diese Potenziale müssen wir heben. Aber nicht wieder um Kosten zu senken und Profite zu erhöhen, sondern um die Versorgung der Patient:innen zu verbessern. Dazu gehört auch, Zuwendung und Zeit besser zu honorieren. Das müssen auch Personalvertreter:innen verstehen und nicht einfach höhere Honorare verlangen. Nur wenn wir dem Gesundheitspersonal in schlechten Arbeitsbedingungen mehr zahlen, wird es nicht bleiben. Und wir müssen versuchen, die Entstehung von chronischen Krankheiten zu reduzieren und andere Krankheiten früher erkennen. Dabei können etwa Investitionen in Bildung helfen, zeigt eine neue Untersuchung der Statistik Austria. Rund acht Jahre länger leben heute etwa 35-jährige Männer mit Hochschulabschluss (84,2 Jahre) als jene mit Pflichtschulabschluss (76,6 Jahre). Wir müssen also Gesundheit breiter denken und nicht nur als Kostenfaktor. (rüm)