Streit um Verantwortung für Personalengpässe und Folgen

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Nach mehreren „Gefährdungsanzeigen“ in Wiener Klinken versucht der Wiener Gesundheitsverbund zu beruhigen. Die Ärztekammer wehr sich gegen Kritik, dass die Ursache im niedergelassenen Sektor liegt.

Oft – und so auch in Favoriten und zuletzt in Ottakring – ist es der Personalmangel, der hinter einer „Gefährdungsanzeige“ steht. Allerdings leide dadurch die Gesundheitsversorgung nicht, wie Evelyn Kölldorfer-Leitgeb, Generaldirektorin der Wiener Spitäler, betonte. Rund 50-mal jährlich gibt es solche „Anzeigen“. „Es geht hier um die rechtliche Absicherung des Personals“, ergänzte younion-Gewerkschafter Edgar Martin. „Dieses Instrument wurde im Jahr 2000 eingeführt, seither kam es immer wieder zu derartigen Meldung“, sagte der stellvertretende Vorsitzende der Hauptgruppe II, die rund 30.000 Mitglieder im Wiener Gesundheitsverbund vertritt. Eine Gefährdungsanzeige soll keine Sammlung bereits eingetretener Schäden sein, so Martin, denn „was wir nicht wollen ist, dass Patienten zu Schaden kommen“ – es handle sich hier um eine präventive Maßnahme.

Was den aktuellen Fall in Ottakring betrifft, der am vergangenen Freitag durch die „Kronenzeitung“ publik gemacht wurde, sagte Kölldorfer-Leitgeb, es sei richtig, dass „wir in der Klinik Ottakring eine Station, jedoch nicht eine Abteilung, gesperrt haben“. Die Unfallchirurgie bestehe aus drei Stationen. Dies sei geschehen, „um die Pflege auf andere Bereiche zu konzentrieren“.

Übergeordneter Auslöser hinter allem ist der Fachkräftemangel, den gebe es nicht nur in Wien, sondern in ganz Österreich, in ganz Europa. Beim Wiener Gesundheitsverbund äußert sich dieser folgendermaßen: Von 28.150 Stellen sind aktuell 1.830 nicht besetzt. Das sind rund sieben Prozent, was nicht wirklich schlecht sei, sagte die Generaldirektorin. „In der Praxis ist es so, dass sich das Fehlen auf einzelne Abteilungen und Stationen konzentriert. Also checken wir, wo Fluktuation vorkommt und warum“, sagte Kölldorfer-Leitgeb, dies geschehe etwa im Bereich der Unfallchirurgie, wo man versuche, die Arbeitsbedingungen und Betriebsklima zu analysieren. Die Coronapandemie hat ihren negativen Beitrag in den vergangenen zwei Jahren geleistet und die Fluktuation noch erhöht – am größten Sektor, der Pflege, waren auch die Auswirkungen am deutlichsten.

Erstaunt reagierte die Wiener Ärztekammer über Aussagen von Gesundheitsstadtrat Peter Hacker (SPÖ), weil dieser den niedergelassenen Bereich für die Misere im Wiener Spitalswesen verantwortlich mache. Stefan Ferenci, Obmann der Kurie angestellte Ärzte und Vizepräsident der Ärztekammer für Wien, und Erik Randall Huber, Obmann der Kurie niedergelassene Ärzte und Vizepräsident der Ärztekammer für Wien, kritisierten ein ORF-Interview von Hacker. „Der niedergelassene Bereich verschiebt permanent alle Patientinnen und Patienten in den Spitalssektor und wir stehen vor Finanzausgleichsverhandlungen und da werden wir Tacheles reden“, sagte dieser. „Wir schicken niemanden unnötig ins Spital und arbeiten seit Jahren am Limit, weil die Wartezeiten in den Spitälern für die Patientinnen und Patienten unerträglich geworden sind. Operationen werden verschoben oder gar abgesetzt, Patientinnen und Patienten im Kreis geschickt“, erklärte Huber. Man würde ja gerne helfen und die Spitäler entlasten, aber seit Monaten würden Gespräche zur Auslagerung von Leistungen zur Entlastung der Spitäler wie beispielsweise die Diabetesversorgung von der Stadt Wien blockiert.

Offenbar gibt es aber nicht nur in Wien Probleme. Auch in Tirol sei der Spitalsbetrieb punktuell schwer bis gar nicht mehr aufrechtzuerhalten, aber auch in den übrigen Bundesländern wird es eng, skizziert Harald Mayer, Vizepräsident der Österreichischen Ärztekammer und Bundeskurienobmann der angestellten Ärzte: „Es braucht nicht viel und das System kippt endgültig und unaufhaltsam. Kommen zum eklatanten, generellen Personalmangel in unseren Spitälern nur wenige Krankenstände oder selbst notwendiger Urlaub hinzu, ist eine Schließung einer ganzen Abteilung oft unausweichlich.“ (red/APA)