Eine kanadische Untersuchung – auf der Basis von Daten aus dem Gesundheitswesen – kommt zum Schluss, dass die Einnahme von Statinen das Risiko für Herz-Spätschäden einer Krebs-Chemotherapie um 55 Prozent senkt.
Husam Abdel-Qadir vom Women’s College Hospital in Toronto in Kanada und seine Co-Autoren haben ihre Beobachtungsstudie aktuell im Journal der American Heart Association (JAHA; 6. Jänner) publiziert. Sie hatten Datenbanken des kanadischen Gesundheitswesens benutzt und ausgewertet. Dabei ging es um das Risiko von Frauen, nach einer Krebs-Chemotherapie mit dabei sehr häufig verwendeten Anthrazyklin-Medikamenten oder dem monoklonalen HER2-Antikörper Trastuzumab eine schwere chronische Herzschwäche zu entwickeln. Anthrazykline werden in der Onkologie für die Behandlung einer ganzen Reihe von Tumorerkrankungen und bei Blutkrebs benutzt.
„Alle Frauen, deren Daten sie für ihre Analyse heranzogen, waren über 66 Jahre alt und hatten initial keine Herzinsuffizienz. Sie alle litten an frühen Formen von Brustkrebs und wurden im Zeitraum zwischen 2007 und 2017 mit Anthracyclinen oder Trastuzumab chemotherapeutisch behandelt“, schrieb die deutsche Ärztezeitung über die Studie. Es ging bei den Patientinnen mit im Durchschnitt um die 70 Jahre darum, wie häufig sie nach einer der beiden Therapieformen binnen fünf Jahren wegen einer chronischen Herzschwäche ins Spital aufgenommen werden mussten, heißt es in der Originalpublikation.
Die Forscher ordneten jeder Frau, die Statine zur Cholesterinsenkung einnahm, eine Patientin als „Kontrolle“ zu, welche nicht mit Statinen behandelt wurde. So ergaben sich 666 Paare von Frauen, die eine Anthracyclin-Therapie bekamen und 390 Paare mit Trastuzumab-Therapie. In der Gruppe der Frauen mit Anthrazyklin-Therapie gab es insgesamt 43 Krankenhauseinweisungen wegen Herzinsuffizienz, in der Trastuzumab-Gruppe waren es 27. Auch bei Trastuzumab ist ein gewisses Risiko für Herzmuskelschäden als längerfristige Nebenwirkung belegt. Das Risiko für einen Herzschwäche-Krankenhausaufenthalt innerhalb von fünf Jahren lag bei Frauen, welche wegen ihres Mammakarzinoms mit einer Anthrazyklin-Chemotherapie behandelt worden waren und daneben auch ein Statin eingenommen hatten, bei 1,2 Prozent. Hatten Patientinnen unter Anthrazyclintherapie keinen der Cholesterinsenker erhalten, lag das Risiko hingegen bei 2,9 Prozent. Damit hatte die Einnahme eines Statins zusätzlich einen zu 55 Prozent vor Herzschwäche schützenden Effekt. Das war statistisch signifikant. Bei Trastuzumab als onkologische Therapie und einem Statin lag die Häufigkeit eines Spitalsaufenthaltes binnen fünf Jahren wegen Herzschwäche bei 2,7 Prozent, ohne dem Statin bei 3,7 Prozent. Dieser Unterschied war statistisch nicht signifikant, obwohl ebenfalls eine Risikoreduktion um rund die Hälfte registriert wurde. Möglicherweise war für eine statistische Signifikanz die Zahl der Probandinnen zu gering.
Wissenschafter der Klinischen Abteilung für Hämatologie und Hämostaseologie der Universitätsklinik für Innere Medizin I im Wiener AKH (MedUni Wien) hatten zuvor bereits bewiesen, dass Krebskranke, die regelmäßig Statine einnahmen, ein um fast 60 Prozent geringeres Thrombose-Embolie-Risiko haben. Krebspatienten sind häufig von Embolien betroffen. (APA)