Der Rektor der Medizin-Uni Wien, Markus Müller, lehnt den Ausbau von Studienplätzen ab. Das Gesundheitswesen komme von der Droge Arzt nicht weg und brauche immer höhere Dosen, sagt er.
„Österreich ist Netto-Produzent von Ärzten für die Welt. Wir würden mit österreichischem Steuergeld noch mehr Ärzte für andere Länder ausbilden“, sagt Müller und hält deshalb die von Politikern geforderte Verdoppelung der Medizin-Studienplätze für einen falschen Ansatz. In den vergangenen Tagen haben Niederösterreichs Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner und ÖVP-Spitzenkandidat Sebastian Kurz eine Verdoppelung der Medizin-Studienplätze gefordert. Als Grund gaben sie einen drohenden Ärztemangel an. Müller verwies dagegen auf die „sehr hohe Ärzte-Dichte und die extrem hohe Absolventen-Dichte“ in Österreich.
Als man vor Jahren eine „Ärzteschwemme“ beklagte, habe es 20.000 Ärzte gegeben, heute umfasse die Ärzte-Liste 45.000 Personen, sagte der Rektor. Und die Medizinische Universität Wien nehme jährlich so viele Studenten neu auf wie die Harvard Medical School insgesamt habe. Einen Ärztemangel gebe es nicht überall, Probleme bestünden vor allem am Land und in bestimmten Fächern, die Frage sei also die regionale Versorgung. Zudem gebe es in Österreich ein extrem krankenhauslastiges System mit sehr hoher Betten- und Krankenhausdichte, solche Strukturen würden viel Personal benötigen. „Meine These ist, dass das System wie ein Drogensüchtiger ist, das von der Droge Arzt nicht weg kommt und immer höhere Dosen braucht“, sagt Müller. Zudem habe man ein „ineffizientes System, das junge Leute abschreckt“, sagte er etwa unter Verweis auf Wartezeiten für Ausbildungsplätze nach dem Studium, zum Beispiel in Wien. Dies sei mit ein Grund, warum ein hoher Prozentsatz an Medizin-Absolventen Österreich verlasse und „wir Leute in die Schweiz, nach Deutschland und die angelsächsischen Länder verlieren“. Österreich schaffe es nicht, seine Absolventen im Land zu halten, weil das System nicht attraktiv genug sei. Sowohl die Krankenkassen im niedergelassenen Bereich als auch die Länder als Spitalsträger seien gefordert, diese Defizite zu beseitigen.
Ähnlich wie Müller argumentierten Experten auch in Interviews: Bei einer Verdoppelung der Studienplätze würde Österreich lediglich dafür zahlen, dass die Absolventen ins Ausland gehen, warnt Ärztekammer-Präsident Thomas Szekeres. Auch für Gesundheitsökonomin Maria Hofmarcher braucht es andere Maßnahmen, um den Hausärztemangel zu beheben. Sie fordert stattdessen bessere Arbeitsbedingungen und vor allem andere Praxisformen und andere Kulturen der Zusammenarbeit zwischen den Ebenen der ambulanten Versorgung. (APA/red)