Telefonische Krankmeldung: ÖGK sorgt mit Reduktion für Kritik

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Die telefonische Krankmeldung ist seit Dienstag nur noch für Menschen mit Corona-Symptomen möglich. Dass die Maßnahme nicht generell verlängert wurde, stößt im Gesundheitsbereich auf Unverständnis.

Die telefonische Krankschreibung war Mitte März eingeführt worden, um die Menschenmengen in Arztpraxen wegen der Ansteckungsgefahr mit dem Coronavirus gering zu halten. Mit Anfang September gilt die Maßnahme allerdings nur noch für Patienten mit Corona-Symptomen, und zwar bis Ende des Jahres. Alle anderen Erkrankten müssen ab jetzt wieder persönlich in den Ordinationen erscheinen, um sich krankschreiben zu lassen. Gescheitert ist eine generelle Fortsetzung laut dem Sprecher der Patientenanwälte Gerald Bachinger am Widerstand der Arbeitgebervertreter in der ÖGK, die eine missbräuchliche Verwendung befürchtet hätten. Dafür gebe es aber „keine Anzeichen“, sagte er. Die Krankenstandsmeldungen seien zuletzt massiv zurückgegangen – und selbst wenn es einzelne Fälle von Missbrauch gebe, müsse man „nicht das ganze Werk abdrehen“. Stattdessen solle man lieber Kontrollmechanismen schaffen.

Das sieht auch Johannes Steinhart, Vizepräsident und Bundeskurienobmann der niedergelassenen Ärzte der Österreichischen Ärztekammer, so, für den die Vorgangsweise „vollkommen unverständlich“ ist. Er hätte die telefonische Krankmeldung nicht infrage gestellt. „Warum etwas Sinnvolles auflassen“, fragte er und ergänzte: „Wir sind noch immer mitten in einer Pandemie.“ Mit Blick auf die kommende kältere Jahreszeit sei es verantwortungslos, diese einfache Regelung zum Schutz aller Beteiligen einfach zu kippen. „Zumal sie sich eindeutig bewährt hat.“ Die Lösung habe die Versorgung im niedergelassenen Bereich stabil gehalten und das Ziel, die Infektionsgefahr möglichst gering zu halten, erreicht. Und Steinhart nimmt die Arbeitgeber in die Pflicht: „Ich gehe nun davon aus, dass angesichts dieses einseitig geforderten Änderungswunsches die Wirtschaftskammer bei den ersten möglicherweise daraus resultierenden Ordinationsschließungen die Verantwortung übernimmt“, sagt Steinhart. Die ÖGK habe wohl zu wenig Vertrauen, sowohl in die Ärzteschaft als auch in die Patienten und schaffe nun ein bürokratisches Regelwerk für telefonische Krankmeldung: „Das ist das Gegenteil einer Unterstützung der Arbeit der niedergelassenen Ärzte“, kritisiert Steinhart.

Als unverantwortliche, bürokratische Schikane bezeichnet auch der Präsident der Ärztekammer für Tirol, Artur Wechselberger, die Entscheidung der ÖGK. Die Maßnahme habe bisher nicht unwesentlich dazu beigetragen, dass die Infektionsgefahr in Tirols Arztpraxen aber auch am Weg in die Praxen klein gehalten wurde, bestätigt der Kurienobmann der niedergelassenen Ärzte in Tirol, Momen Radi. Seit Wochen steigende Zahlen an COVID-19-Erkrankten müssten auch bei der Führung der ÖGK die Alarmglocken schrillen lassen, um Schutzmaßnahmen zu erhalten, anstatt sie zurück zu nehmen, wundert sich Wechselberger.

So sieht die neue Regelung aus:

Personen, die als Verdachtsfall gelten, sollen weiterhin die Gesundheitshotline 1450 kontaktieren, um eine österreichweite Übersicht über Verdachtsfälle zu gewährleisten, empfiehlt die ÖGK. Bis zur behördlichen Absonderung beziehungsweise bis zum Vorliegen eines Testergebnisses können die Betroffenen in einer Ordination anrufen und nach einer telemedizinischen Abklärung telefonisch krankgeschrieben werden. Voraussetzung ist, dass die Person auch entsprechende Symptome aufweist, schreibt die Kasse. Bei einem negativen Testergebnis erlischt die Krankschreibung spätestens nach fünf Arbeitstagen, hieß es weiter. Ist die betroffene Person aber weiterhin krank, wird für die Verlängerung der Krankmeldung ein persönlicher Arztbesuch notwendig. Mit dieser Vorgehensweise möchte die ÖGK sicherstellen, dass Patienten mit Corona-Symptomen „möglichst unbürokratisch und risikolos eine Krankmeldung erhalten und dafür nicht extra eine Ordination aufsuchen müssen“, formuliert die Kasse.

 

„Diese Lösung verursacht noch mehr Missverständnisse und noch mehr Chaos“, sagte Bachinger. Eine Differenzierung per Telefon sei schwierig. „Das geht dann dahin, dass entweder alle Verdachtsfälle sind oder dass die telefonische Krankmeldung überhaupt nicht mehr zum Einsatz kommt“, malte er zwei Szenarien an die Wand. Die geteilte Lösung wird nicht funktionieren, prophezeite er. Noch diese Woche sei ein Gespräch der Patientenanwälte mit Vertretern der ÖGK im Gesundheitsministerium mit Minister Rudolf Anschober (Grüne) geplant. Bachinger kündigte an, sich dort vehement für eine generelle Verlängerung der telefonischen Krankschreibung einsetzen zu wollen.

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