Die viel diskutierte Gentherapie gegen Spinale Muskelatrophie gibt es nun auch in Österreich: ein Baby in Salzburg wurde damit behandelt. Das Finanzierungsmodell für das teuerste Medikament der Welt sieht Ratenzahlungen für Spitäler vor.
An der Universitätsklinik für Kinder- und Jugendheilkunde ist gestern, Mittwoch, erstmals in Österreich ein Baby per Gentherapie gegen die Spinale Muskelatrophie (SMA) behandelt worden. Es handelt sich um ein vier Monate altes Mädchen. Dies erklärten Experten bei einer Online-Pressekonferenz. „Die neue Therapie birgt große Vorteile. Sie setzt direkt an dem Gendefekt an. Die Behandlung erfolgt einmalig. Der dritte Vorteil ist der Zugang durch eine intravenöse Infusion“, sagte Günther Bernert, Präsident der Österreichischen Muskelforschung.
Die Spinale Muskelatrophie (Typ 1) beruht auf einem Defekt oder dem Nichtvorhandensein des SMN1-Gens, wodurch das Survival Motor Neuro-Protein fehlerhaft oder nicht gebildet wird, welches das Überleben der Motoneuronen im Zentralnervensystem ermöglicht. Sie sind für die Steuerung der Muskelarbeit entscheidend. Die Häufigkeit liege in Österreich bei einem Fall unter 7.000 bis 10.000 Neugeborenen. Seit bereits einigen Jahren gibt es aufwendige medikamentöse Therapien, die lebenslang erfolgen müssen und in regelmäßigen Abständen Lumbalpunktionen erforderlich machen. Das zum Novartis-Konzern gehörende Biotech-Unternehmen Avexis hat einen auf einem ungefährlichen Adenovirus basierenden Vektor entwickelt, in den das Gen für das SMN1-Protein eingebaut ist. Die Verabreichung der Infusion mit den Vektoren ist damit eine Genersatztherapie. Die Virusvektoren überwinden die Blut-Hirn-Schranke und legen das SMN1-Gen in den Zielzellen ab. Sehr schnell nehmen die Zellen die Produktion des Proteins auf. Das lässt sich im Blut messen. Der Effekt mit einer Besserung der motorischen Fähigkeiten der behandelten Kinder lässt sich schon binnen kurzer Zeit dokumentieren.
Die Therapie mit dem derzeit teuersten Arzneimittel der Welt in Form dieses Genersatzes wurde nach den USA vor kurzem auch von der europäischen Arzneimittelagentur EMA zugelassen. Die Kosten betragen pro Patient 1,945 Millionen Euro. „Wir haben bereits die Kostenübernahme mit zwei großen Krankenhausträgern unter Dach und Fach gebracht“, erklärte Elisabeth Kukovetz, Avexis-Managerin für Österreich am Donnerstag. Dies seien derzeit die Salzburger Landeskrankenanstalten und der Wiener Gesundheitsverbund (vormals KAV). Gespräche gebe es aber auch bereits mit Oberösterreich und der Steiermark. Das Finanzierungsmodell basiert derzeit auf Ratenzahlungen über sechs Jahre hinweg. (APA/red)